Gedanken über die Mutterliebe/II

 

2.

Daraus ergibt sich natürlich logischerweise, dass andererseits eine Mutter, die ihr Kind „perfekt“ betreut, dies noch lange nicht aus Liebe machen muss.
Sie kann das aufgrund von Neurosen machen
• aus Minderwertigkeitsgefühl – um anderen etwas beweisen zu wollen
• was auch oft vorkommt: um ihren Besitz zu pflegen
• kann ihre eigenen Defizite damit decken wollen

und da gibts noch einiges, wie sich denken lässt.
Und all das, um sich selbst den Schmerz der Erkenntnis sparen zu müssen, nicht lieben zu können.
Und wie wir vorher schon „gelernt“ haben, sich selbst nicht lieben zu können. Denn das ist der größte Schmerz im Leben eines Menschen.

Nicht, wenn ihn seine Mutter nicht liebt, oder der Ehepartner. Schon gar nicht, wenn das Kind ihn nicht liebt, sondern wenn die Selbstliebe fehlt, dann gibt es keine Liebe im Leben eines Menschen und er setzt mehr oder weniger Ersatzhandlungen, um sich diesen Schmerz zu ersparen. Füllt sein Leben mit Ersatz, weil die wesensgerechte Fülle fehlt.

Aber ein erwachsener Mensch ist für seine Selbstliebe selbst verantwortlich!
Wenn ihn seine Eltern diese also nicht lehren oder vorleben konnten, dann kann er sie als Erwachsener noch jederzeit lernen und ist dann auch dafür zuständig. Und nicht mehr die Mutter …

Da die Mutter eines Erwachsenen nicht mehr in dem Einssein-Paket enthalten ist, kann er sich eindeutig selbst dafür und dazu entscheiden, WIE er liebt.
Nur – wenn es LIEBE sein soll, und nicht das Weiterführen der dynamischen Vorgänge, die die Altvorderen in ihn abgesenkt haben, dann muss aus der Selbstliebe Liebe erwachsen, also auch die Liebe zur Mutter – egal was sie getan hat … DAS wäre das ANDERE.

Die Liebe zur Mutter ist deshalb so wichtig, weil sie Liebe zu den Wurzeln eines Menschen ist, weil er ohne seine Mutter ja nicht in und auf dieser Welt wäre. Da ist keine Dankbarkeit vonnöten, wie das leider von so vielen Müttern „gefordert“ wird, aber die Liebe schon.
Lieben ist ein Prozess der Weiterentwicklung. wo eines aus dem anderen erwächst. Wenn wir also das nicht lieben, woraus wir erwachsen sind, dann fehlt uns eindeutig die Grundlage unserer Liebe. Denn wie wir sofort erkennen können, die Grundlage zur Selbstliebe.

Und noch etwas:
In der gesamten Schöpfung ist es so, dass Eltern ihre Kinder bis zu ihrem Erwachsensein begleiten und dann werden sie losgelöst.
Nur dem Menschen ist diese selbstverständliche Loslösung verstellt und zwar aufgrund seines Bewusstseins, aufgrund der Möglichkeit, bewusst eingreifen zu können. Nun könnte der Mensch sich bewusst zur Liebe entscheiden, zu seiner menschlichsten Fähigkeit. Das tut er leider aber meistens nicht. Und zwar aufgrund von dynamischen Vorgängen! Nicht aus Mangel an Mutterliebe!

Aber Pflege, Betreuung, Betüdelung kommen aus dem Sozialbedürfnis und sind kein unbedingtes Indiz dafür, lieben und Liebe weitergeben, bzw. ausdrücken zu können.

 

13 Gedanken zu „Gedanken über die Mutterliebe/II“

  1. „Aber ein erwachsener Mensch ist für seine Selbstliebe selbst verantwortlich!“

    Ich kann dem uneingeschränkt zustimmen – bis auf einen ganz entscheidenden Punkt. Wenn „verantwortlich“ meint, dass es hier eine Freiheit der Wahl gibt, kann ich diesem Punkt nicht zustimmen. Das ändert zwar nichts daran, dass niemand außer mir für meine Selbstliebe verantwortlich ist, ob ich jedoch fähig zur Selbstliebe bin, liegt nicht in meiner Macht. Ich finde diese Fähigkeit vor oder ich finde sie nicht vor. Die Fähigkeit aus den dynamischen Vorgängen, die die Altvorderen in mich abgesenkt haben, auszusteigen, ist da oder ist nicht da. So bleibt Selbst-Verantwortung eine ziemlich theoretische Angelegenheit. Die Folgen dieser Fähigkeit bzw., Unfähigkeit werden mir jedoch in keinem Fall erspart bleiben.

    Einen freundlichen Gruß vom Nitya

    1. hallo nitya,
      erstmal herzlich willkommen hier!

      und natürlich hast du recht.
      die fähigkeit zur selbstliebe fällt unter die gnade! viele menschen haben ein problem mit dem begriff „gnade“ oder auch mit „demut“. ich bin sehr glücklich in der gnade, dass ich nicht dazu gehöre und bin auch gerne deshalb demütig.

      allerdings bleibt unumstößlich bestehen, dass der mensch die verantwortung für sich selbst tragen muss. er muss mit allem, was in seinem leben auftritt, weiterleben. egal, wer es verursacht, egal wann oder wie es kommt. wie du schreibst, er kann die folgen an niemanden abgeben.

      hier wollte ich nur herausarbeiten, dass ein erwachsener die möglichkeit hat, seine selbstverantwortung zu fördern, zu entwickeln, wenn sie in seiner erziehung nicht wesensgerecht aufgebaut wurde. und dass es sehr schade ist, dass so viele in einer vermeintlichen opferrolle hängen bleiben.
      da viele sich als unverstanden bis ungeliebt von ihren müttern fühlen, war dies ein denkansatz, um vielleicht dem einen oder anderen diesbezüglich ein bisschen auf die sprünge helfen zu können.

      es erscheint mir ausnehmend wichtig, dass ein mensch lernt, die liebe seiner mutter in sich zu finden. sie ist mit sicherheit da und wir schaufeln uns selber ein grab, wenn wir das nicht anerkennen …
      und – wie gesagt, die liebe muss sich nicht in ritualen ausdrücken! keine, nicht nur die der mütter 😉

      1. Liebe Evelyne,

        ich bin sehr einverstanden mit dem Begrifflichkeiten Gnade und Demut.
        Nur schließen die Begriffe Gnade und Demut für mich auch die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit zur Weiterentwicklung ein. Ich weiß, dass so eine Aussage leicht dazu führen kann, in eine Opferrolle zu gehen bzw.in ihr hängen zu bleiben. Aber das wäre eine Verwechslung. Gnade in Demut anzuerkennen, bedeutet nicht, dass ich mich als Opfer fühle.

        Fern von jedem pädagogischen bzw. therapeutischen Ansatz geht es mir dabei nur darum, festzustellen, was ich wie sehe. Wenn man so will, ist das völlig verantwortungslos. Wer nicht anders kann, als daraus eine Rechtfertigung für sein Opferdasein zu konstruieren, der muss dies tun. Mehr als den Hinweis, dass er unabhängig von einer persönlichen Schuld, die Konsequenzen seines Handelns tragen muss, kann man ihm nicht mit auf den Weg geben.

        Liebe Grüße
        Nitya

        1. findest du, dass für mich die begriffe gnade und demut die fähigkeit zur weiterentwicklung nicht einschließen?
          dann habe ich mich schlecht ausgedrückt.

          gnade und demut sind für mich keine zeichen von opferschaft.
          ich weiß, dass die meisten menschen, demut als absolute unterordnung ansehen. aber das ist sie für mich keinesfalls.
          demut ist für mich die möglichkeit, bürden und beschwernisse anderer zu erkennen und so zu erfahren, was mein leben NICHT beschwert – ohne angst, ohne schadenfreude und überhebung! das ist der springende punkt.
          ich kann vor dem leid der welt ganz still werden. und voller demut für die gnade meiner geburt dankbar sein – an diesem platz, zu diesem zeitpunkt, in meinem leben gelandet zu sein … dazu gehört, das anzunehmen, was meinem leben geboten wird. wir sind nicht dazu aufgerufen mit jedem toten mitzusterben, da wäre die menschheit schon ausgestorben.
          demut grenzt die anderen nicht aus. in demut kann man auf sie sehen. demut nimmt die angst vor der berührung kranker oder leidender. angst könnte zur verdrängung führen …

      2. Demut ist für mich ein ganz wichtiger Begriff. Für mich bedeutet er anzuerkennen, dass … nein ich will es so sagen: Von Jesus ist der Satz überliefert. „Nicht wie ich will, sondern wie du willst. Herr dein Wille geschehe!“ Dies heißt für mich zu erkennen, dass alles, was geschieht, Gottes Wille ist. Der Satz von Jesus ist die Zurücknahme der Vorstellung von einem Eigenwillen. Wenn alles Gottes Wille ist, dann ist auch mein angeblicher Eigenwille sein Wille. Dann kann es weder Sünde noch Schuld geben. Gäbe es sie, wäre es Gott, der gesündigt hätte bzw. sich schuldig gemacht hätte.

        1. das gefällt mir sehr gut. das kommt dem, wie ich es sehe, oder besser gesagt spüre und annehme, sehr nahe.
          der fehler der meisten menschen ist nur, dass sie gottes willen oft nur im leiden anerkennen und dass dieses anzunehmen sei. und dann ist die demut natürlich schon wieder negativ besetzt.
          aber das stimmt eben nicht. gottes willen liegt darin, das leben anzunehmen, so wie es sich uns gibt.
          in seiner vielfalt, und deshalb selbstverständlich auch in seiner schönheit!
          wenn es gottes wille wäre, dass wir alle das gleiche erleiden, dann hätte er uns alle gleich gemacht.
          gottes wille ist, uns mit dem, was wir an unserem platz vorfinden, weiterzuentwickeln, uns und unsere erfahrungen in die ewigkeit einzubringen.
          alles andere ist menschenwerk! und davon sollte man sich so wenig wie möglich beeindrucken lassen.
          das z.b. hat uns jesus auch sehr gut gezeigt …

      3. „gottes wille ist, uns mit dem, was wir an unserem platz vorfinden, weiterzuentwickeln, uns und unsere erfahrungen in die ewigkeit einzubringen.
        alles andere ist menschenwerk! und davon sollte man sich so wenig wie möglich beeindrucken lassen.“

        So wie ich das sehe, gibt es kein „Menschenwerk“, sondern nur Gotteswerk. Was immer geschieht – und ohne jede Ausnahme -, ist eine Manifestation seines Wirkens.

        1. du kommst eindeutig von einer anderen seite auf das thema zu, als ich.
          für mich ist nichts von gott „gemacht“.
          gott ist für mich die ewigkeit und die allumfassende liebe. er IST alles und ist IN allem. aber er macht nichts. er kann genau deshalb gar nichts „machen“. er trifft keine entscheidungen, keine unterscheidungen, er wertet und!!! er richtet nicht!

          deshalb ist alles, was vom menschen daraus gemacht wird (einschließlich der lehre, die verbreitet wird) menschenwerk!

          auch an diesem platz: was immer ich hier schreibe, ist MEINE persönliche meinung, das ergebnis meiner arbeit, aber ich will niemanden belehren!

      4. „für mich ist nichts von gott ‚gemacht‘.
        gott ist für mich die ewigkeit und die allumfassende liebe. er IST alles und ist IN allem. aber er macht nichts. er kann genau deshalb gar nichts ‚machen‘. er trifft keine entscheidungen, keine unterscheidungen, er wertet und!!! er richtet nicht!

        deshalb ist alles, was vom menschen daraus gemacht wird (einschließlich der lehre, die verbreitet wird) menschenwerk!“

        Liebe Lintschi,

        vielleicht ist es ja wieder in erster Linie eine Definitionssache? In diesem Fall dreht es sich um den Begriff „Machen“. Ich habe diesen Begriff, wenn ich es richtig erinnere, nicht benützt. Ich sprach von Gottes Wirken. Dieses Wirken geschieht ganz im Sinne des WEI WU WEI aus dem Tao Te King. Tun ohne Tun. Gott tut tatsächlich gar nichts und doch bleibt ohne ihn nichts ungetan.

        Nimm deine Gedanken! Denkst du sie oder kommen sie zu dir wie aus dem Nichts? Wenn du glaubst, dass du die Denkerin bist, dann sag mir, was dein nächster Gedanke sein wird. Also ich kenne meinen nächsten Gedanken nicht und ich gehe da ganz einig mit Rumi, wenn er fragt: „Wer spricht denn da mit meinem Mund?“ Und ich könnte weiter fragen: Wer entscheidet denn, was ich für richtig halte und was nicht? Wer führt denn meine Hand, die sich da so munter über der Tastatur bewegt? Vielleicht ist die beste Antwrt: Ich weiß es nicht. Ich muss nicht unbedingt „Gott“ dazu sagen.

        Gott ist für mich nicht nur die Ewigkeit, er ist auch die Vergänglichkeit, und er ist nicht nur die allumfassende Liebe, er ist auch der furchtbarste Hass. Gott ist das ganze Paket – einschließlich meiner scheinbar eigenständigen Person.

        Liebe Grüße vom Nitya

        .

        1. nun, diesmal ist es, meiner meinung nach, nicht definitionssache. da ist es ansichtssache.
          auch wenn „wirken“ natürlich etwas anderes ist als „machen“.
          doch der hass … gott hat mit hass nichts zu tun! er hasst nicht. und die vergänglichkeit ist ein bestandteil der ewigkeit …
          dass gott auch IM hass ist, ist etwas anderes. weil er eben in allem ist. aber er IST nicht der hass.

          ich glaube, dort liegt die quelle für so viele missverständnisse – und auch, um auf unser anderes gespräch einzugehen, auch für die falschauslegung der verantwortung. denn auf diese weise möchten menschen gerne ihre verantwortung abgeben.
          gott ist IN allem, aber gott handelt nicht, weder aus uns noch aus sonst jemandem. er ist die ewigkeit und die liebe, die allumfassende liebe. weil nur darin für ALLES platz ist.
          wir folgen gott, wenn wir lieben! wenn wir nicht lieben, folgen wir ihm einfach nicht. und wie man sofort sieht, folgen wir dann unserem wesentlichsten kern nicht, weil er ja IN uns ist … und geben uns auf diese weise der verdammnis hin.

          aber wie gesagt, ich komme von einer anderen seite auf gott zu.
          ich bin fromm-schülerin, lernte über die liebe und fand dann zu gott (und bin aus der amtskirche ausgetreten…)

          »»»Gott tut tatsächlich gar nichts und doch bleibt ohne ihn nichts ungetan.«««
          das kann natürlich auch wieder ich unterschreiben.

          sonne vom neusiedlersee und von der lintschi

  2. manchmal sind deine komentare für mich unheimlich .da du genau die themen ansprichst die mich zur zeit beschäftigen. mich selbst anzunehmen habe ich erst im letzten jahr in der traumatherapie gelernt.es fuhlt sich neu und noch nicht alzu vertraut an .meine mutter lieben oder sagen wir besser mir erlauben sie zu lieben war noch schwerer.im moment kann ich wohl sagen es war gut sie noch das eine und andere mal in der klinik besucht zu haben. denn ich habe nichts mehr von ihrer boshaftigkeit und der macht die sie über mich hatte gespürt.sondern ein gefühl von ruhe und ich konnte sie sogar berühren und ihr nähe gut aushalten. jetzt wo sie verstorben ist stellte ich fest das mir wohl das eine oder andere in der vielfalt der gefühle fehlt. es fühlt sich kommisch an zu sagen das sie nicht mehr lebt aber traurig bin ich wohl nicht sondern nur ruhig. gruß annette.

    1. manchen menschen ist es besser möglich, mit ihren toten müttern frieden zu machen. es gelingt dann oft, dass die querelen verblassen. die ausgeübte macht kann ein wenig gelockert werden. deshalb werden die positiven seiten transparenter.
      es ist allerdings wichtig, die macht der mütter über den tod hinaus nicht zu unterschätzen.
      aber auch nicht ihre liebe! beides ist in uns abgesenkt worden.
      aber wie gesagt, der erste schritt ist, die liebe der mütter zu suchen. sie war und ist bestimmt da. wurde nur durch viele umstände und dynamische vorgänge unkenntlich.

      lieben gruß
      lintschi

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