frühlingssonne

die märzsonne
spiegelt sich in den fenstern
potemkinscher dörfer

hinter blumengeschmückten fassaden
warten in finsteren zimmern
einsame seelen
auf das öffnen
abgesperrter türen

reißt die fenster auf
grüßt von den balkonen
die frühlingssonne flutet dann
auch die verschlossenen räume

denn sie wärmt alle herzen
die sich ihr zuwenden

 

Nabelschau

Immer wieder schreibe ich gerne darüber, wie sehr ich meine Spaziergänge liebe. Sie beflügeln meine Gedanken, meine Gefühle, und manchmal gelingt es mir, etwas davon in Worten auszudrücken.

Ich gehe bei der Tür hinaus und stehe mitten im Weinland. Ein kurzer, flacher Anstieg führt mich auf das Plateau der Parndorfer Platte, wo es scheinbar unbegrenzt Wege kreuz und quer durch das Weinbaugebiet gibt.

Viele Leute sehen eine Eintönigkeit in dieser Landschaft. Ich sehe sie nicht. Jeder Tag, jede Jahres- und Tageszeit, jedes Wetter bringt andere Stimmungen und Farben.

Es laufen Rehe, Hasen, Fasane, Rebhühner über meinen Weg. Raben und Krähen stolzieren krächzend umher, Vögel zwitschern und steigen in Schwärmen auf. Über brachliegenden Flächen kreisen Bussarde oder stehen manchmal nur ganz still. Zitronenfalter flattern, auch die Hummeln sind schon fleißig.

Winzige Blümchen breiten Teppiche zwischen die Rieden, die man nur sieht, wenn man ganz nah ist. Bäume werden zu grüßenden Kameraden.

Ich bin umgeben von Leben, von Wachstum.
Die Weite weitet mich. Keine Enge der Gedanken, keine Enge der Gefühle.

Ich spüre den Atem der Welt und atme und atme. Schreie meine Liebe in die Welt. Auch meine Wut. Erzähle dem Wind von meinen Sorgen. Bade meine Seligkeit in Licht und Sonne.

Die Einflüsterungen der Gesellschaft weichen den Einflüsterungen der Natur. In mir pulst Freude, keine Angst. In mir blüht Dankbarkeit, keine Verzagtheit. In mir wächst die Kraft des Lebens, nicht die Furcht vor dem Tod.

Meine Gefühle tragen mich zu den Menschen, umarmen sie, liebkosen Kinder und sprechen Mut und Hoffnung ins Universum.

Dann nehme ich den kurzen, flachen Abstieg zu meinem Zuhause und diese Fülle in meinen Alltag mit.
Ich nehme mir die Freiheit zu denken, auch kritisch und voller Zweifel. Ich brauche keine Abkehr von der Wahrheit, und auch nicht von der Menschheit. Kein gekühltes Mütchen.

Mein kleines Leben ist nicht der Nabel der Welt. Aber meiner.