Zum Aschermittwoch


In den letzten Tagen wurde ich durch einen seiner wunderschönen Texte an Dietrich Bonhoeffer erinnert.
Ich nehme diese Erinnerung zum Anlass, um meinerseits wieder einmal auf mein Booklet aufmerksam zu machen. Dietrich Bonhoeffer war einer der Gefangenen in Flossenbürg und wurde dort auch hingerichtet.

flossenbuerg

hsl
70 Seiten
€ 7,50
ISBN 978-3951-99072-9

lesung flossenbuerg


Hier auf meinem Blog gibt es ebenfalls die Texte über meine Eindrücke bei meinem Besuch in der Gedenkstätte Flossenbürg zu lesen. Ab Flossenbürg 2011 – I. Ankunft

 

„Flossenbürg – Ein Spürbericht“ an der Austin Peay State University in USA


Anfang dieses Jahres wurde an der Austin Peay State University in Clarksville, USA, im Rahmen eines Deutschkurses das Thema Holocaust behandelt. Im Zuge dieses Kurses wurde mein Booklet in 2 Etappen gelesen und anschließend besprochen. Auch meine Video-Lesung war Bestandteil der Auseinandersetzung der Studenten.
Im Anschluss daran erhielt ich nun den angeschlossenen Brief.

Die Motivation zum Schreiben dieses Booklets – Zitat, S. 59:

    „Ich will darüber schreiben, sagte ich, vielleicht kann ich damit ein paar Menschen erreichen. Und wenn es nur einer ist … wenn jeder, der sich damit auseinandersetzt, auch nur einen einzigen ermuntern kann, einem damit weiterhelfen kann … würde die Welt bald anders aussehen.“

 
hat damit auf eine nicht erwartete, aber umso eindrucksvollere Art für mich Bestätigung erhalten.
Darüberhinaus habe ich die Genehmigung der Studenten erhalten, Ihr Schreiben zu veröffentlichen, weil auch sie jede nur mögliche Gelegenheit ergreifen wollen, andere Menschen auf diese Weise zu motivieren.

Mein ganz besonderer Dank geht zu diesen wunderbaren jungen Leuten nach Amerika!

apsu brief

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70 Seiten
€ 7,50
ISBN 978-3951-99072-9

 

Booklet „Flossenbürg 2011“

Aus meinen Blogeinträgen wurde nun ein Booklet gemacht
Erschienen im hs-Literaturverlag. Geplante Veröffentlichung 1.Oktober 2011

flossenbuerg

hsl
70 Seiten
€ 7,50
ISBN 978-3951-99072-9

Klappentext:

Gedenken ist so wichtig.
Aber Gedenken ist nicht das Anprangern von Gräueltaten, das Zeigen von Bildern tiefster Not.
Nur wenn Gedenken zu Liebe führt, uns nicht in Angst und Entsetzen abwenden lässt, ist es gesund. Für den Einzelnen, wie auch für die Gesellschaft.

Wir wollen weder Täter noch Opfer sein.
Doch wer wollen wir sein?
Wenn wir diese Frage beantworten können, stärken wir auch unser Wollen. Dafür müssen wir uns der Vergangenheit liebend zuwenden, denn sie ist unsere Wurzel. Sie spricht zu uns, damit wir aus ihr lernen.
Doch so lange sie keine Liebe in uns auslöst, befinden wir uns nach wie vor in den Krallen des Grauens. Und Grauen kann niemanden davor beschützen, selber Täter oder Opfer zu werden.

Ein Gang durch die Gedenkstätte KZ Flossenbürg im Mai 2011 hat mir einen Ort gezeigt, an dem Gedenken in Liebe möglich ist.

 

Hierzu der Video-Trailer:

flossenbuerg trailer

 

 

Flossenbürg 2011 – I. Ankunft

Flossenbürg 2011 – Versuch eines Spürberichts

Ankunft

Eine Deutschlandrundreise, unterwegs zu vielen lieben Freunden. Erste Anreise durch die Oberpfalz und mein Mann, der an einer Serie „Shoa“ malt, wollte selbstverständlich nicht an Flossenbürg vorbeifahren. Es war ein „kleines“ Lager, ist vielen heute nicht einmal vom Namen her bekannt, idyllisch gelegen, an einem Steinbruch. Mehr als 100.000 Gefangene gingen durch dieses „kleine“ Lager. Die meisten in den Tod. Alle in Verdammnis.

Es ist schon länger her, als ich das letzte Mal in einem ehemaligen Konzentrationslager war und ich war gespannt, wie es diesmal für mich sein würde. Ich fürchtete mich nicht, ich weiß, dass ich die Kraft habe, mich damit auseinanderzusetzen. Was man dort sieht, das weiß man ja im vorhinein und da ich nicht zu den großen Verdrängern gehöre, beschäftige ich mich mit dem Thema immer wieder. Auch habe ich keine Vorfahren, die diesem Horror unmittelbar ausgesetzt waren und auch keine eigenen Erfahrungen mit Verfolgung, Identitätsraub, Hass, Folter und schwerer Erniedrigung. Die Gnade der Geburt …

Doch ich bin ein Mensch, der sein Dasein vom Spüren aus leitet, einer der nicht in Bildern denkt; ich habe kein inneres Auge, ich denke mit dem Bauch. Deshalb wusste ich, ich würde dort weder Gefangene noch Täter herumlaufen „sehen“, der Ort würde von daher keineswegs bedrohlich auf mich herüberkommen. Doch es würden schwere Strömungen durch mein Ich fließen. Ich würde wohl an die Grenzen meines Spürens gelangen.

Das Gebäude selbst war für mich noch keine Herausforderung. Ich stand davor, betrachtete es ruhig, die Spiegelung des strahlendblauen Himmels in den Fenstern und den verhältnismäßig kleinen bogenförmigen Durchgang. Das einzige, das ich spürte, war eine leichte Nervosität, Spannung stieg in mir auf … Dann durch das Tor. Noch immer war ich neugierig, meine Augen nach vorn gerichtet, was mich nun erwarten würde.

Da lag ein Vorhof, doch mein Blick wurde abgelenkt von dem Tor, durch das ich als nächstes gehen musste. Das Lagertor. Heute ein Durchgang mit einer Gedenktafel.

Das Lagertor selbst wurde an einen anderen Platz gebracht. Zuerst war ich irritiert, dann ein wenig erleichtert, ich würde nicht durch dieses Lagertor treten müssen. Es brachte mir Aufschub.

Teil II – Der Appellplatz >>>

 

Flossenbürg 2011 – II. Der Appellplatz

Natürlich kamen als nächstes die Gedanken – ja, ICH habe noch Aufschub … Und – ICH kann auch jederzeit wieder hinausgehen … Und doch fühlte ich, wie die Beklemmung stieg, als ich durch das so entschärfte Tor trat.

Ein großer, mit hellem Kies belegter Platz breitete sich vor mir aus, an beiden Seiten begrenzt von zwei ordentlichen, weißen Gebäuden, der ehemaligen Häftlingsküche auf der linken und dem Waschhaus auf der rechten Seite. In diesem ist die Dauerausstellung „KZ Flossenbuerg 1938-1945“ untergebracht.
Die beiden langgestreckten Häuser gehören zu den ganz wenigen komplett erhaltenen Bauwerken des ehemaligen Konzentrationslagers. Flossenbürg ist eine Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZs, das Lager selbst ist schon lange abgerissen.

flossenbuerg

Vor dem Ausstellungstrakt lagerte eine große Gruppe junger Amerikaner auf einem Rasenstreifen und wartete auf eine Führung. Der riesige Platz war leer und lag voll in der Sonne. Kein Bröselchen Schatten gab es, jeder einzelne Grashalm auf dem gepflegten Kies wäre zu sehen gewesen. Aber hier wächst kein Gras. Auf dem ehemaligen Appellplatz schämt sich scheinbar sogar das Unkraut.
Alles wirkte adrett und sauber. Weiße Häuser, weißer Kies … Im Hintergrund des Platzes viel Grün. Über der ehemaligen Häftlingsküche erhebt sich ein bewaldeter Hügel. Der dort installierte Wachtturm könnte auch als Aussichtsturm durchgehen. Es sah ein wenig aus, wie der Wirtschaftstrakt eines Schlosses, das man besichtigen könnte, wenn man durch den Park an der Stirnseite spazierte.

Ich ging ein paar Schritte auf die Mitte des Platzes zu. Die Hitze flirrte, mir brach der Schweiß aus. Der kalte Schweiß! Der knirschende Kies schien durch meine Schuhsohlen zu dringen. Als ich auf den Boden sah, zerfiel der weiße Kies zu grauer Asche. Ich blieb stehen.
Asche, wieso Asche?, dachte ich. Blut müsste hier wogen …
Ich machte wieder ein paar Schritte.
Seltsam, dachte ich weiter, wenn man an Appellplätze in Lagern denkt, dann denkt man immer an grimmige Kälte, in der sich die viel zu dünn bekleideten Häftlinge herumschleppen. Immer ist alles grau in grau – vielleicht liegt das auch daran, dass nur Schwarzweißfotos aus dieser Zeit existieren. Doch es musste auch heiße Tage gegeben haben. Sich dieses Geschehen unter dem Blick der strahlenden Sonne vorzustellen, bekam eine zusätzliche Facette des Hohns für mich. Eine Fliege umsummte mich. Ja, die Fliegen! Wie Leichenfledderer mussten sie sich in Schwärmen auf den müden Gestalten niedergelassen haben. Doch wahrscheinlich zählte das für die Menschen hier zu den kleinsten Übeln.

flossenbuerg

Ich zog meine Füße aus dem Schlamm, in welchem sie in der Zwischenzeit gefühlt gesunken waren und stakste vorsichtig weiter, weil der Boden unter meinen Füßen keinen Halt bot. Irgendwo hier musste der Galgen gestanden sein. Und die Baracken waren rundherum angeordnet gewesen, soweit ich mich an meine Vorinformation erinnerte. Nichts an diesem Platz deutet mehr darauf hin!
Zur linken Seite hinter der Häftlingsküche befinden sich auf dem ehemaligen Barackenareal schmucke Einfamilienhäuser, auf der rechten Seite große weite Flächen, wo ich von meinem Standort aus erkennen konnte, dass es sich um Fundamente von Gebäuden handelte. Dahin würde ich zum Abschluss meines Rundganges kommen.

Ich schritt auf sattes Grün zu. Und wirklich, als ich den Platz verließ, überrumpelte mich der Anblick einer idyllischen Parkanlage. In der Ferne wieder einer der „Aussichtstürme“. Und wieder erwartete ich, an einem Rand ein Schloss zu entdecken, zu dem diese wunderschöne Parkanlage gehörte.
 

flossenbuerg

flossenbuerg

Die Ambivalenz in meinem Inneren ließ mich taumeln. Mein Erfassungsvermögen war zu gering für diese Diskrepanz. Augenblicke lang hatte ich das Gefühl, ich müsste platzen. Auch hier waren Baracken gewesen, das wusste ich. Von Grün war hier sicher niemals auch nur die Spur. Dieser Platz, der mit Grauen und Leiden getränkt sein musste, lag in einer Lieblichkeit vor mir, die mir im Moment ebenfalls wieder wie blanker Hohn erschien. Lediglich ein paar Steinkreuze mahnten zwischen Vergissmeinnicht …

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