in die schalen der gehirne
möchte ich klarblick träufeln
schmelzwasser in die geeisten herzen
geistige obergrenzen
durchbrechen mit
dem schwert des herrn
der alle liebt
und unerkannt verlästert wird
weil sich die menschen
selbst verhöhnen
bilder, die sich unter die haut brennen
und dort nie vergehen
sich in träumen herumwälzen
keine worte hervorbringen
und sich dennoch ausdrücken müssen
weil es unmöglich ist sie zu beschreiben
schreie, die bilder mit blut färben
und seen der angst blickdicht machen
die ufer der träume überfluten
und sich über die tage ergießen
weil es unmöglich ist zu verstummen
tränen, deren salz
immer wieder
die offenen wunden der hilflosigkeit vereitert
weil es unmöglich ist sie zu heilen
normalität.
was ist schon normalität.
meine normalität
ist seit vielen jahren
getragen von ruhe
– auch stille
liebevoller verbundenheit
– auch im alleinsein
ich genieße mein zuhause
in dem mein mitbewohner frieden heißt
wo aus dieser zweisamkeit
gedanken und gefühle wachsen
die mich und andere wärmen
der blick aus dem fenster
zeigt mir natur
im kleid der jahreszeiten.
auch im jetzt
hat sich mein leben nicht verändert
und doch …
trete ich aus dem haus. ist die normalität eine andere. als früher. chaos. sorgen. existenzangst. wachsen aus dem boden der gesellschaft. hinter masken. verbreitet sich der argwohn. berührungslosigkeit. vollzieht trennungen. aggression. stürmt um die ecken. verbeißt sich in die kehlen der kritik. blutleer liegt der mut auf den straßen. die henker der wahrheit übernehmen das kommando. trampeln die rufer der menschlichkeit nieder.
ich fühle mich
als würde ich auf dem zauberberg leben
stehe fassungslos an seinem fuß
und schreie in die welt
WAS
bitte WAS
ist diese normalität?
es trägt die zeit
das kreuz
beugt sich unter
seiner last
stürzt in den schlamm
aus sand und blut
der wunden
die jene
der erde schlugen
die sie geißeln
mit der unverfrorenheit
obszöner schreie
nach der macht
ein opferfest
bricht an mit
tanz auf kahlen hügeln
johlender menge
im gelichterkleid
wird sich das grab
auch diesmal leeren
die menschheit
– wie oft noch –
zu erretten
© evelyne w.
dann ziehst du mich
in deine alabasterarme
mein traum
wird blendendweiß
doch dann
entdecke ich das kind
schutzsuchend
seitlich an uns gedrückt
im schmerz gefangen
schält es sich ungesehen
aus der blendung
mein herz wird blind
mag dich nicht teilen
mir nicht beflecken lassen
unsere zweisamkeit
diesmal möchte ich die geschichte zu diesem gedicht erzählen.
zuerst sah ich diese wunderbare skulptur von michael hermann. ich war begeistert. und fragte, ob ich mich davon inspirieren lassen dürfte, wofür ich die genehmigung erhielt.
also ließ ich die bilder auf mich wirken. und ich wartete und wartete auf eine eingebung, die der schönheit des anblicks entsprechen sollte. doch … die skulptur erzählte mir etwas ganz anderes, als ich mir gewünscht hatte.
mein lachen will ich aus dem grabe holen
tage zu süßen
deren bitterkeit das licht verhüllt
und das lächeln grimassiert
zu höhnischer erbarmungslosigkeit
es schallen lassen
über die welt wie glockenklang
der zum gemeinsamen mahle ruft
© evelyne w.
im ungefallenen schnee
das hungrige gekrächz der raben
auf dem abgegierten feld
will samen streuen
in die dunklen furchen
dass demut wächst
und wir der erde
auch wärme geben
die nicht nur weiß
vom himmel fällt
© evelyne w.
wenn die hölle
ihre flammen
aus dem himmel schleudert
regnet es blut
auf der erde
© evelyne w.
ich will dein kreuz
mit dir tragen
ich will nicht johlend
an deinem weg stehen
auch wenn es angst ist
die den schulterschluss
zur menge sucht
und auch die scham
soll nicht mein auge
zu boden drücken
denn nur der mut der liebe
wird uns retten
vor dem untergang
in das nirvana
der feigheit und verleugnung
© evelyne w.