Der Besuch I.
Sie steht in der Mitte des Zimmers. Ihre Augen werden groß. Ein überraschtes Grinsen überzieht ihr Gesicht.
»Na endlich! Ich dachte, du kommst gar nicht mehr!«
»Ich war doch erst vorgestern hier.«
Sie wendet sich ungläubig lächelnd ab. Mit trippelnden Schritten geht sie zum Tisch. Zupft an dem Kunstblumenstrauß. Echte darf sie hier nicht haben.
Die mitgebrachte Kekspackung entlockt ihr ein glückliches: »Das hilft mir.«
Sie schaut sich suchend um. In ihrem Gesicht arbeitet es.
»Ich gebe sie dir in dein Nachtkästchen.«
»Nein, dort finden sie sie gleich.«
»Wer?«
»Hier stehlen sie wie die Raben.«
Auf dem Mülleimer liegt zusammengefaltet der Überzug der Bettdecke.
»Warum hast du das Bett abgezogen?«
»Ich kann es nicht, es ist mir zu schwer.«
»Du brauchst es doch nicht selbst zu machen. Die Schwestern machen das schon. Aber warum hast es abgezogen?«
»Ich kann es nicht. Früher habe ich es immer gemacht. Ich kann es nicht mehr.«
»Komm, ich mache es.«
»Ich kann es nicht, es ist mir zu schwer.«
Sie trippelt zum Kasten. Wühlt in den Laden.
»Du musst mir … ich habe keine …«
»Was suchst du denn?«
Sie zeigt auf ihre Füße. An jedem Fuß ein anderer Socken.
»Sie haben sie mir weggenommen.«
»Aber da sind sie ja.«
»Wie hast du sie gefunden?«
»Hier sind sie doch.«
»Sie haben dich gesehen und sie rasch wieder hineingelegt.«
»Niemand nimmt dir etwas weg. Du vergisst nur manchmal ein bisschen was.«
»Du hast keine Ahnung, wie es hier zugeht.«
Wieder starrt sie auf ihre Füße.
»Ich habe keine …«
»Komm, wir gehen auf ein Eis. Ja?«
»Ich kann nicht. Ich habe keine …«
»Du brauchst keine. Komm, wir gehen.«
»Aber wenn ich weggehe, kommen sie.«
»Nein, niemand kommt. Ich schaue dann nach, wenn wir zurück sind.«
»Brauche ich einen Stock?«
»Nein, ich bin ja bei dir.«
»Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.«