leinen los!

 
vom leib will ich
mir halten euch
die ihr mit blicken
losgelöst
von aller wahrheit
kapitäne spielt
auf den papierschiffen
der eitelkeit
im schmeichelsog
die segel refft
um unter meiner haut
zu ankern

und werde doch
niemals zu leben wissen
leinenlos

© evelyne w.

 

Von der Chance der Veröffentlicher oder – … aber es ernährt sich

 
Ich sehe also, ob ich will oder nicht, einen Angriff auf das Printbuch.
Aber ich sehe darin noch etwas anderes, nämlich die Chance für Autoren.
Aber nicht für die E-Book-Schreiber und -Veröffentlicher. Sondern für uns, die wir Nischenautoren waren und Nischenautoren bleiben.

Schmerzhaft könnte es für die großen Verlage werden, und noch schmerzhafter für die Druckkostenzuschussverlage.
Aber Kleinverlage und auch Selbstverleger bekommen durch diese Entwicklung eine größere Chance.
Denn ich glaube sehr wohl, dass es immer Buchleser geben wird, wie es auch Menschen geben wird, die sich nicht von Fastfood ernähren.
Printbuchautoren können zu Biobauern für die Lesergemeinden werden.

Bücher kann heute jeder drucken lassen. Aber schreiben können sie auch heute nicht mehr Leute als vor Erfindung des Digitaldrucks.
Jeder, der im Kleinverlag oder gar selbst verlegt hat, weiß, was dann zu tun ist. Man muss Aussendungen machen, Telefonate führen, sein reales Umfeld abklappern, Networking betreiben, Lesungen organisieren usw. Und verkauft Bücher. An die Leute, die lesen. Und auch welche an jene, die etwas kaufen, weil sie es in ein Regal stellen wollen und das Buch schön aussieht. Oder beides. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, aber es ernährt sich.

Für unsereins wird sich nichts ändern. Im Gegenteil, werden die Bücher weniger, steigt die Nachfrage nach denen, die es gibt.
Da Bücher heute nicht mehr nur in Buchhandlungen verkauft werden, kommt es wieder darauf an, wie wir unsere Kreativität und Arbeitsleistung für unsere Werke einsetzen. Aber wir haben die Leser auf unserer Seite. Und zwar jene, die bereit sind, sich Qualität zu leisten, die unsere Bücher bewusst wählen und denen ihre Freude daran etwas wert ist.

Die Sparer und Schnorrer stehen auf der anderen Seite. Das Netz ist übersät von Leuten, die alles kostenlos haben wollen. Und es gibt genügend Futter für diese gefräßigen Mäuler.
Mir persönlich erscheint es absolut nicht erstrebenswert, dort dazuzugehören.

Das Argument vieler Autoren für ihre E-Book-Veröffentlichung – so werde ich wenigstens gelesen – hinkt an alle Beinen. Sie werden downgeloaded, aber gelesen? In einem Zeitalter, wo eindeutig viel weniger gelesen wird als jemals zuvor, sollen all die vielen E-Books gelesen werden?

Ich bin Autorin, auch ich möchte gelesen werden, keine Frage. Aber ich möchte meine Leser erreichen. Und jeder einzelne, den ich erreiche ist mir viel wichtiger als 1.000 anonyme Downloads, die halt gerade getätigt wurden, weil es so günstig ist und es deshalb nicht darauf ankommt, ob sie in der Masse auf irgendwelchen Speichermedien verschimmeln.

Die spürbaren Veränderungen werden in den großen Verlagen eintreten und – bei den Druckkostenzuschussverlagen. Und um die wird ja wohl niemand weinen, oder?
BOD könnte auch davon betroffen sein, denn viele Autoren, die einfach irgendwie veröffentlichen wollten, werden nun eben lieber das wesentlich günstigere E-Book wählen.
Nur die ernsthaft Interessierten werden bleiben. Auch hier kann es also zu einer Qualitätsverschiebung kommen. Und insgesamt wird sich das Image der Buchautoren dadurch wieder enorm verbessern, das in der letzten Zeit ja einige Löcher bekommen hat.

Doch in unserem arbeitsreichen Nischendasein wird sich nichts ändern. Denn wir haben ja noch unsere Leser. Diese wandern so rasch nicht ab. Und wenn sich auch das allgemeine Leseverhalten ändert, so wird es doch immer welche geben. Es wird nicht mehr die Masse sein, aber auf unserem Markt wird auch nicht mehr so ein Gedränge sein.

Vom Beruf des Schriftstellers zu leben, war immer schon schwierig, auch für die ganz großen Literaten, wie wir wissen. Der wird sicher nicht leichter. Aber wir Autoren, die wir schreiben, weil wir wirklich gelesen werden wollen, und nicht einfach nur verkaufen, wir werden auch weiter gelesen werden. Weil wir weiterhin Bücher verkaufen werden.

Auch wird in den großen Verlagen ein Umdenken stattfinden müssen. Denn nun wird die Zeit kommen, wo nicht mehr auf einzelne Autoren und Produkte riesige Summen aufgewendet werden können. Wenn die Buchlesergemeinde kleiner wird, muss sie mit einer größeren Vielfalt versorgt werden, um ausreichende Geschäfte machen zu können.
Wenn man von einem Bestseller nicht mehr 1 Million Bücher verkaufen kann, sondern nur mehr hunderttausend, wird man 10 Bestseller veröffentlichen müssen.

Das Verlags-E-Book ist sowieso nur ein Alibiprodukt, meines Erachtens nach.
Die großen Verlage haben mehr Angst vor ihren eigenen E-Books als vor der Internet-E-Book-Klientel. Müssen mehr Angst davor haben.
Denn sollten sie einmal von einem Bestsellerautor mehr E-Books verkaufen als Printbücher, dann könnte dieser doch glatt auf die Idee kommen, sich mit einem Lektor und Marketingfuzzi selbständig zu machen. Denn dann braucht der auch keinen Verlag mehr. Ein E-Book-Verlag ist ein Laptop!

Deshalb forcieren die Verlage auch so gerne diese Marktzahlen, dass das E-Book nur einen minimalen Prozentsatz ihres Umsatzes ausmacht. Logisch, weil sie es ja auch in keinster Weise fördern.
Aber ich glaube das sogar, denn wie gesagt, auch ich finde, dass die E-Book-Gesellschaft, Schreiber wie Leser, eine ganz eigene Spezies ist, die als solche dem Printbuch nicht schaden wird können.
Die allgemeine Lese- und Sprachentwicklung wird die Marktsituation des Printbuchs verändern, aber wie gesagt, das könnte für ernsthafte Autoren auch Chance bedeuten.

 

Von der Gefährlichkeit des Lesens – oder Die Kürzelleser

 
Wie ich zuletzt schon schrieb, sehe ich es so, dass im Augenblick die E-Book-Leser noch eine eigene Klientel bilden. Im Augenblick noch, denn wie ich ebenfalls schrieb, die Entwicklung des Lesens nimmt Kurven, die wir bisher so nicht kannten.

Lesen wurde früher in den Schulen gelehrt und anschließend gefördert.
Das Image des Lesers hatte etwas Elitäres. Weil in den armen Familien weder Zeit, noch Geld und Platz für Bücher vorhanden war. Es hob den Bildungsstand und bot dadurch eine Verbesserungsmöglichkeit des eigenen Status. Man konnte sich mit Lernen (und Lesen) emporarbeiten.

Heute ist das anders. Heute gibt es einen breiten Wohlstands-Mittelstand, der sich nicht durch Bildung einen höheren Status verschaffen kann. Heute kann nahezu jeder so lange studieren, wie er nur mag – und muss dort aber gar nix lernen. Die neue Armut ist eine andere als früher. Sie betrifft nicht mehr die breite Masse, sondern bestimmte stigmatisierte Gruppen, in die die Menschen eher hineingeraten als dass sie ihnen von Geburt bestimmt sind.

Dieser Mittelstand sucht andere Wege, um elitär zu erscheinen. Er sucht die Annäherung an das werbemäßig vorgefertigte Ideal.
Lesen könnte da ein empfindlicher Störfaktor sein. Denn wer liest, der denkt, setzt Fantasie ein, nimmt sich Zeit für sich selbst. Auch wenn es Groschenromane sind, was er liest. Leser suchen sich ihre eigenen Ideale, die in der Welt angesiedelt sind, die sie lesen.

Wurde also früher in den Haushalten das Lesen oft nicht gefördert, weil die Menschen keine Zeit hatten, körperlich hart arbeiteten und sich Bücher nicht leisten konnten, so griff doch die Schule den Kindern und Jugendlichen unter die Lese-Arme.

Heute wird nicht einmal mehr richtig lesen gelehrt! Geschweige denn, ein Lesestoff inhaltlich oder sprachlich bearbeitet. Auch in die Schulen hat die Schnelllebigkeit und Schnellsprachigkeit des technisierten Konsumzeitalters Einzug gehalten.

Von Eltern und Kindern wird vorausgesetzt, dass sie einen Computer haben, ein Handy. Dort können sie von den Lehrern angeregte Lehrstoffe herunterladen. Die Kinder in meinem Umfeld schreiben Deutscharbeiten, wo sie von den Lehrern auf Google verwiesen werden, um zu recherchieren und ihre Arbeiten einfach in Zitaten schreiben dürfen.

Damit mich niemand falsch versteht, das ist kein Anwurf an die Lehrer. Diese können die Vorgaben ihres Ministeriums auch nicht wesentlich verändern. Müssen schauen, dass sie die von ihnen geforderte Leistung erbringen. Unsere Schulen sind der Spiegel unserer Gesellschaft!

Und hier sehe ich den Unsicherheitsfaktor für die Zukunft des Buches. Im Nachwuchs!
Der Instant-Infos aufnehmen will, in Kürzeln kommuniziert und für eine schöne und richtige (!) Sprache und ausgeklügelte Geschichten nur mehr ein müdes Lächeln übrig hat.
Dazu kommt, dass die Wirtschaft unsere Lebensgewohnheiten bestimmt. Wenn sich die Wirtschaftsbosse also entscheiden, das Printbuch abzudrehen, weil es zu wenig lukriert, dann kommt es weg. Da können die Leser mit den Augen strampfen wie sie wollen.

Die Gefahr einer solchen Entwicklung sehe ich absolut. Die Vorbereitung ist angelaufen. Es werden Strukturen geschaffen, die dem Vermarkter große Gewinne bringen. Und NUR dem Vermarkter. Pflegeleicht und selbstlaufend, wenn die Ebenen einmal richtig angelegt sind.
Und die Printleser werden in eine Nische gedrängt. Im Augenblick gibt es noch welche, aber wie lange noch? Sie könnten sehr wohl eine vom Aussterben bedrohte Spezies sein.

Wir sehen ja in vielen Bereichen, dass der Qualität und Sinnlichkeit nicht mehr der höchste Stellenwert eingeräumt wird.
Die Leute essen Fastfood, statt geschmackvoller, inhaltsreicher Kost (die sie sich heute eigentlich leisten könnten – was ja nicht immer so war), Plastiktomaten anstatt satter roter Paradeiser, und sollte es Herrn Google gelingen, einen Ernährungsweg per Computer zu finden, hätte sich sogar das erledigt.

Denn eines ist gewiss, es geht um Technologiekonsum. Wir alle müssen an die Maschinen angeschlossen werden, von denen wir glauben, dass sie uns am Leben erhalten. Am Puls der Zeit, am Nabel der Welt, am Superhirn.

Und für diese Menschen muss es E-Books geben. In Milliarden Stückzahlen. Damit sie ihren Allerweltsarsch nur niemals von ihren Elektrodensteuerungen wegbeheben müssen.
Printbuchleser bedeuten dafür Gefahr.

< < < zum ersten Teil – „Von der Sinnlichkeit des Lesens“
„Von der Chance der Veröffentlicher“ – zum dritten Teil   > > >

 

Von der Sinnlichkeit des Lesens – oder Die Einhandleser

 

Wahrscheinlich bin ich altmodisch. In meinem Alter dürfte ich mir das doch auch schon zugestehen. Oder?
Aber dann denke ich, nein, wahrscheinlich mache ich nur wieder einmal nähere Bekanntschaft mit der überheblichen Kuh in mir.

Mit Freuden habe ich mich seinerzeit dem Computer zugewandt. Auch das Internet macht mir viel Freude. Beide sind Tummelplätze der Kreativität für mich.
Wenn ich mir als Kind etwas wünschen hätte dürfen und auch nur ein Schimmer von Ahnung damals erkennbar gewesen wäre, welche Entwicklung es geben würde, hätte ich es mir schon gewünscht.

Doch jetzt glaube ich, ich habe den Besen des Zauberlehrlings in der Hand. Und in der Ecke, wo er mich hinkehren will, wohnt der Horror.

Ich bin Autorin. Und selbstverständlich möchte ich gelesen werden. Deshalb habe ich meine Texte niemals für die Schublade oder meine Festplatte geschrieben. Ich habe viele davon veröffentlicht, in Bücher gepackt oder auf Blogs.

Doch nun entdecke ich, dass ich für die neuen Entwicklungen zu altmodisch bin. Oder zu überheblich. Das muss ich erst noch mit mir abklären.

Gestern habe ich einen Artikel gelesen, in welchem das Ende des Printbuchs vorhergesagt wird. Der Buchhandel und das Verlagswesen dementieren noch tapfer und stampfen trotzig mit den Qualitätsverarbeitungsfüßchen auf. Aber wenn man sich die Entwicklung der Lesegewohnheiten der neuen Generationen ansieht, dann wird einem schon angst und bang.
Geht man auf die Straße, sind es nur mehr die echt „älteren“ Personen, die nicht mit einem Handy oder IPod in der Hand herumlaufen. Alle diese Leutchen werden es wohl daheim auch nicht aus der Hand legen und haben deshalb keine Hand mehr frei, um ein Buch zu halten und mit der anderen die Seiten umzublättern.

Vergleiche mit der Musikbranche drängen sich auf. Und doch hinken diese gewaltig. Von welchem Tonträger ich mir Musik anhöre, erscheint mir nicht so wesentlich. Das Musikstück muss mir Hörgenuss vermitteln. Ich sitze in meinem Fauteuil, setze den Kopfhörer auf und horche. Lass mich wegtragen in die Wogen der Töne. Und es ist mir egal, wo sie herkommen.

Aber lesen? Da sitze ich in meinem Fauteuil, habe ein Buch in der Hand! Ich muss es angreifen und es vermittelt mir nicht nur über die Buchstaben sinnliche Eindrücke. Es greift sich gut an – und ja, es gibt auch welche, die greifen sich gar nicht gut an, da kann dann drinnen stehen, was immer nur will – ich werde es nicht lesen. Ich will mein Buch knuddeln, ihm Leseöhrchen zufügen, es anmalen, richtig schön abnutzen, weichlesen sozusagen. Es bekommt Patina, wird vom Leben gezeichnet, wie ich.

Und nun soll ich mich wirklich mit einem technischen Dingens dahinsetzen und mit dem Finger auf einer Bildfläche herumwischen? Im Bett mit Herrn Kindle?

Ich werde das nie wollen, ich glaube, ich würde es gar nicht können. Auch heute ist es schon so, dass ich Prosatexte und sogar lange Gedichte nicht auf dem Bildschirm lesen kann. Sachtexte dringen über den Bildschirm nur wesentlich schwerer in mein Gehirn vor als aus meinen buntmarkierten Büchern.
Tja, ich habe da scheint’s irgendein Gen nicht mitbekommen.

Deshalb zeichnet sich für mich mit dieser Entwicklung wohl nicht das Ende aber doch eine wesentliche Veränderung meiner Veröffentlichungen ab. Ich mag keine E-Books schreiben. Ich mag keine veröffentlichen. Ich kann mich mit dieser Leserklientel so gut wie nicht identifizieren, denn ich bin ein Sinnenmensch.
Das ist nicht lustig für mich. Ich bin nicht gern altmodisch und auch nicht gern überheblich. Aber ich denke, ich muss es zur Kenntnis nehmen.

Sollte es wirklich so weit kommen, dass es keine Bücher aus Papier mehr gibt, werde ich meine Texte nur mehr auf ein dann wahrscheinlich schon als altmodisch angesehenes Blog packen.
Und vielleicht zu Geschenkzwecken selbstgedruckte Werke fabrizieren.

Ich glaube, es würde meine Ideen verändern. Romane schreibe ich dann sicher keine mehr.
Allerdings werde ich wahrscheinlich nicht mehr altmodisch sein. Ich werde Kurztexte schreiben, vielleicht im Comic-Stil, damit man sie nur ja auch mit einer Hand lesen kann. Beim Spazierengehen, beim Treffen mit Freunden, auf dem Laufband im Fitness-Center oder beim Hurtigsex …
Aber dafür brauchts ja auch kein E-Book. Also frage ich mich, wofür gibt es die Dinger? Für mich sicher für gar nix. Weder zum Lesen noch zum Schreiben.

 

Weiter gehts mit Die Gefährlichkeit des Lesens – Die Kürzelleser > > >

 

Lerne . Selbst . Lieben!


Oft werde ich gefragt, woher denn mein selbsternannter Titel „Liebesforscherin“ käme.
Ich antworte hier mit einem Teil aus dem Vorwortkapitel „Warum“ aus meinem Buch, in dem ich mich der Liebesforschung widmete.
Die Erkenntnisse, die ich in diesem Buch niederschrieb, haben die Richtung meines Lebens vor ca. 25 Jahren entscheidend verändert. Sie haben mich aus Krankheit und Sinnentleertheit in ein kreatives, glückliches Leben gewiesen.
Ich habe auch erst danach zu schreiben begonnen …

Dieses Buch ist eigentlich kein Buch, sondern ein gebundenes Manuskript. Da es leider keinen Verlag gefunden hat, ich aber bekanntlich immer wieder zu Lesungen und Diskussionen eingeladen werde, habe ich dieses Referenz- und Lektoratsexemplar angefertigt.
Gegen eine Schutzgebühr von € 9,90 gebe ich es bei meinen Lesungen an meine Hörer ab und versende es an Interessenten, die mir ein Mail schicken.

Inhaltsangaben und Textproben befinden sich
auf meiner Homepage unter Lerne Selbst Lieben!

lerne selbst lieben


Warum

Die Liebe als Phänomen zu beschreiben, ist ein schwieriges Unterfangen. Denn in dem Augenblick, in dem man die Liebe mit Worten zu erklären versucht, ist sie von der Liebe bereits weit entfernt. Sie wird zur Theorie. Ich meine nun nicht damit, dass Liebe ein theoretisches Phänomen ist, sondern es ist ganz einfach so, dass die Liebe nur zu spüren ist. Sie ist nicht zu erklären.
Warum will ich es dann überhaupt versuchen?
Ich will es deshalb versuchen, weil es so viele Erklärungen der Liebe gibt, die für mich mit dem Wesen der Liebe absolut nichts zu tun haben, die aber von einer so großen Anzahl von Menschen bereitwillig aufgenommen wurden, dass sie sich zu einer allgemeinen Meinung über die Liebe verdichtet haben. Und leider bringt sie den Menschen dadurch nicht ihre wesensmäßige Erfüllung. Denn die Liebe ist ein vollkommen autarkes Phänomen. Sie kann von Meinungen nicht verändert werden. Auch wenn viele Menschen das Gleiche meinen, so bleibt die Liebe noch immer die Liebe und ist nicht das, was die Menschen daraus zu machen versuchen.

Selbstverständlich kann auch ich nur mit meiner Meinung die Liebe zu erklären zu versuchen. Und deshalb auch der einleitende Hinweis auf Theorie. Meine Erkenntnisse über die Liebe stellen für mich einen Anhaltspunkt dar, der ein Umdenken ermöglicht. Wenn man niemals die Möglichkeit findet, eine wesensgerechte Perspektive auf die Liebe zu gewinnen, dann muss man einfach in der allgemeinen Meinung über sie verharren.

Ich selbst habe mich jahrzehntelang dieser allgemeinen Meinung angeschlossen und bin damit sehr unglücklich, und in weiterer Folge, auch krank geworden. Meine innere Leere wurde immer größer und ich konnte die Sinnhaftigkeit meines Daseins nicht erkennen.
Was sollte es für einen Sinn haben, 70 oder 80 Jahre lang auf dieser Welt zu verweilen, sich abzurackern und abzuplagen und dann, wenn man vielleicht ein bisschen etwas erreicht hatte, diese Welt wieder zu verlassen? Auch erschien mir das, was ich schon erreicht hatte, andauernd gefährdet durch meine Mitmenschen. Die Machtlosigkeit des Einzelnen gegenüber der Mehrheit schien Anstrengungen überflüssig zu machen. Was nützte es, friedlich und zufrieden dahinleben zu wollen, wenn politische Entscheidungen und Kriege, Frieden und Zufriedenheit empfindlich störten? Was nützte es, selbst gut und hilfreich sein zu wollen, wenn die Bösen alles zerstörten und die geleistete Hilfe zur eigenen Bereicherung verwendeten? Auch die Machtlosigkeit anderen einzelnen Menschen gegenüber schien dieses Dasein schwer zu beeinträchtigen. Was nützte es denn, zu lieben, wenn der, den man liebte, einen Anderen liebte? Was nützte es denn, für andere Menschen etwas zu tun, wenn einen die dann doch verließen oder zumindest das für sie Geleistete nicht anerkannten? Auch wurde das Leben immer beschwerlicher, je älter man wurde und wofür das alles? Um eines Tages in der Ewigkeit einfach zu verschwinden? Das ergab keinen Sinn.

Ich entdeckte dann den Sinn des menschlichen Daseins in der Liebe. Doch das, was ich entdeckte, unterschied sich so gravierend von der herkömmlichen Meinung, dass es mir zuerst einmal nur Angst bescherte. Angst, allein dazustehen. Und sofort traten wieder die alten Denkmuster auf: Was sollte es nützen, wenn ich den Sinn der Liebe erkennen konnte und diese Erkenntnis mich allein dastehen ließ? Weil meine Umwelt die Liebe nicht so erkennen konnte.
Doch ich war bereits infiziert. Ich sah das Scheitern meiner Mitmenschen an der Sinnlosigkeit, ich sah die Resignation meiner Mitmenschen an der Bürde ihres Lebens und ich spürte die Gefahr in mir, ebenso zu scheitern und ebenso zu resignieren. Und die Angst vor dieser Gefahr war größer als die Angst vor dem Alleinsein.
Heute weiß ich, dass dies bereits ein Akt der Selbstliebe war, ohne die es keine Liebe gibt. Ohne diesen Funken Selbstliebe wäre es mir niemals möglich gewesen, die Liebe zu finden und deshalb ist es für mich auch so furchtbar, mitansehen zu müssen, wie tief die Menschen diesen Funken Selbstliebe in sich vergraben haben, sodass es ihnen mit noch so großer Anstrengung nicht mehr möglich ist, die Liebe zu finden. Denn der Wunsch nach Liebe ist in jedem Menschen fundamental vorhanden.

Doch erschien es mir plötzlich logisch: Wenn ich nicht so leben wollte, wie die Mehrheit der Menschen, dann musste ich mich trauen, mich vom Allgemeindenken zu lösen. Dann musste ich mich trauen, mich der Allgemeinheit gegenüber zu sehen. Ich musste mich trauen, meinen eigenen Weg zu suchen, das für mich Wesentliche finden zu wollen. Ich erkannte, dass es nur so möglich war, den Anderen die Macht über mich zu entziehen, indem ich ihnen die Macht über mein Denken entzog. Mich nicht von ihrem Denken mitziehen ließ, sondern auf meine eigenen Gedanken und Gefühle achtete. Das war nun so konträr zu meiner bisherigen Einstellung und damit auch zur Einstellung der Mehrheit, dass ich mich einfach allein fühlen musste. Die Angst vor der Einsamkeit ist aber, ebenso wie die Liebe, ein fundamentaler Bestandteil der Menschlichkeit. Weil der Mensch als Gemeinschaftswesen, selbstverständlich Angst vor einem Leben ohne Gemeinschaft haben muss. Und auch meine Angst vor der Einsamkeit erschwerte mir die Sicht auf die Liebe noch längere Zeit.
Doch, wie gesagt, ich war infiziert. Ich hatte ein Zipfelchen gefunden, das ich bis dahin nie entdeckt hatte und ich wollte dieses Zipfelchen nicht mehr hergeben, weil es mir zu diesem Zeitpunkt, als ich es entdeckte, enormen Halt gegeben hatte. Doch Leben und Lieben sind lebendige Prozesse. Ausruhen auf einem entdeckten Zipfelchen kann man sich nur kurze Zeit. Dann muss man seinen Weg fortsetzen, denn sonst ist Leben und Liebe zu Ende.

 

Dementia-Poetry – Die Idee III. – Ergänzung

 

Immer wieder werde ich darauf angesprochen, dass einerseits so viele Wiederholungen in den Gedichten sind. Knapper wäre besser, meinen Viele. Andererseits sind die Geschichten so nett, aber da könnte man noch viel mehr hineinpacken.
Es „fehlt“ den Lesern so manches. Und meine Autorenkollegen hätten viele gute Ideen zur Ausschmückung.

Ich glaube, hier zeigt sich ein wesentlicher Punkt, warum so viele Menschen Probleme mit Demenzkranken haben. Weil sie immer von der eigenen Warte ausgehen.
Auch hier noch immer, obwohl ich versucht habe, mein Projekt und seine Zielgruppe so gut als möglich zu erklären.

Umso länger diese Geschichten dauern, umso mehr beschrieben wird, umso weniger können die Dementen folgen! Sie hören ja nicht zu, in diesem Sinn. Also die Geschichte, die erzählt wird, ist dabei unerheblich.
Es geht um Worte, Begriffe, die etwas in den Hörern auslösen. Aber eben immer nur vereinzelte Worte. Dieses Wort löst einen Ablauf in ihnen aus. Aber es nützt nix, einen Ablauf zu beschreiben. Sie haben ihre eigenen Abläufe dafür.
Das ist ja die Schwierigkeit dabei, Demente zu verstehen … wichtiger Bestandteil jedes Validationsprogramms.

Wie schon oft ganz deutlich geschrieben, ist es für mich sehr wichtig, dass Demenzkranke nicht wieder zu Kindern gemacht werden. Und gerade hier liegt ein wesentlicher Unterscheidungspunkt. Der für das Verständnis so unbedingt wichtig ist:

Kinder müssen erst lernen. Man kann ihnen etwas erzählen, das sie noch nicht kennen oder so noch nicht kennen, sie nehmen ihre Fantasie und bauen sich ein Filmchen. Umso mehr man erzählt, umso mehr können sie vielleicht dazu basteln. Sie lernen aus dem, was ihnen erzählt wird und aus ihrer Fantasie.

Bei Dementen gibt es keine Fantasie, sondern Erinnerung. Eigene Erinnerung!
Sie basteln keinen Film aus dem, was man ihnen erzählt, sondern aus dem was sie in sich finden.

Deshalb hat es keinen Sinn, ihnen Abläufe vorgeben zu wollen, Sie verwirren diese Menschen nur.

Begriffe müssen abgerufen und angesprochen werden und es muss ihnen Zeit gegeben werden, diese auch wirklich in sich zu finden und zuzuordnen. Umso mehr man darum baut, umso weniger können sie diese wichtigen Worte finden …

Es ist also kein Regress ins Kinderstadium, sondern eine Entwicklung, die aus ihren Lebenserinnerungen abgerufen wird! Selbst wenn sie sich vermehrt an ihre Kindheit erinnern, dann ist der Prozess aber ihrem Alter und ihrer Krankheit entsprechend und nicht dem Kinderstadium! Deshalb muss man mit diesen Menschen anders umgehen als mit Kindern, darf sie nicht zurückstufen, und dadurch herabwürdigen!

Und unter diesen Gesichtspunkten schreibe ich diese Texte.

Ich wiederhole, nicht weil mir nichts anderes einfällt und ich schmücke meine Geschichten auch nicht deshalb nicht aus, weil mir die Fantasie fehlt oder ich keinen größeren Wortschatz habe, sondern weil dies das Besondere an diesen Texten sein muss. Sonst könnte ich ja auch einfach nette Kurzgeschichten aus früheren Zeiten oder Kurzlyrik mit Erinnerungspotential verfassen.

Feedback zu diesen Texten ist ausdrücklich erwünscht! Und gerne auch Kritik! Aber bitte die vorgenannten Punkte dabei zu berücksichtigen, Kürzungen in den Gedichten oder Ausschmücken der Geschichten anzuregen, sind kein hilfreicher Kritikpunkt.

Danke!