das glück is a vogerl

zu wissen
dass das leben gut ist
und die liebe hält
egal ob sich
das außen sperrig gibt

zu wissen
dass die hoffnung
viel mehr ist
als ein unerfüllbarer traum
und im gefühl
die wahrheit liegt

zu wissen
dass das glück
ein vogerl ist
das nur dem zufliegt
der es zu füttern versteht

das ist das wissen
meiner jahre
von dem ich gerne
meine lieder singe

 

mit anhören 🙂

 

 

plötzlich ichgeliebt

das ich. durchströmt mein ganzes sein. es winkt mit dem kleinen finger. und plötzlich mit der ganzen hand. es strömt durch meine beine. steht plötzlich fest auf dem boden. es strömt in mein herz. und pumpt nicht nur blut. sondern auch die liebe. durch meine adern. in meinen bauch. in mein hirn. in meinen gedanken formt sich ein ganz neues ich. und ich lächle. zuerst still. lache dann laut. und plötzlich weine ich. vor freude und glück.

 

Gespräch unter Freundinnen V

 
Warum lässt du dir nicht die Oberlippe machen?
Wozu?
Du hast da ganz ordentliche Rüschen.
Na und?
Die muss man heutzutage nicht mehr haben.
Und was bringt es, keine zu haben?
Du siehst dann jünger aus.
Und was bringt es, jünger auszusehen?
Man muss heute nicht mehr so alt aussehen, wie man ist.
Warum soll ich nicht so alt aussehen, wie ich bin?
Weil es heute nicht mehr nötig ist.
Was ist heute nötig?

Es ist besser für die Psyche. Du fühlst dich dann als Frau besser.
Ich?
Ja.
Aber ich fühle mich super!
Du fühlst dich dann besser.
Besser als wer?
Besser als du dich jetzt fühlst. Weil du nicht mehr so alt aussiehst.
Aber ich bin so alt.
Das muss man doch nicht sehen.
Warum nicht?
Weil es nicht nötig ist.

Glaubst du, dass du dich besser fühlst als ich?
Ich hab mir die Oberlippe machen lassen.
Und nun fühlst du dich besser als ich?
Ich sehe jünger aus.
Aber ich fühle mich wohl in meiner Haut.
Ich natürlich auch.
Ah ja.

© evelyne w.

 

Gedanken über … die Wahrsprache

 
Im Augenblick beschäftige ich mich sehr mit Sprache. Nicht, dass ich Sprachen lerne, sondern ich denke über das Kommunikationsmittel Sprache nach.

Sprache ist etwas sehr Qualitätsvolles. Man kann sehr viel damit machen. Man kann sehr viel daraus beziehen. Sie kann Genuss bereiten und Leid über einen stülpen.
Sie ist natürlich das Kommunikationsmittel Nr. 1 für den Menschen. Aber auch das größte Machtmittel. Gäbe es keine Sprache, wäre es nicht möglich, Kontinente übergreifend zu beherrschen. Ohne Parolen, ohne Mehrdeutigkeiten, ohne Lügen und Missverständnisse, egal ob ungewollt oder gewollt, wäre die Welt ein Paradies.
Sprache als besondere Qualität der Menschheit ist auch ihr größter Fluch.

Viele Menschen meinen, nur wer einer Sprache mächtig ist, kann denken! Bewusstsein ist für sie gleichbedeutend mit Denkenkönnen. Und denken kann man angeblich nur in Worten, dafür benötigt man die Sprache.
Aber dem ist ganz und gar nicht so. Der Mensch denkt mit und in vielen Regionen seines Körpers.

Was ist denken denn? Denken ist bewusste Wahrnehmung und Reaktion darauf. Unbewusstes Denken gibt es nicht. Aber das heißt deshalb noch lange nicht, dass man für Denken Worte benötigt.

Die meisten Menschen denken in Bildern. Sie nehmen etwas wahr und in ihrem Kopf läuft ein Film ab.Sie sortieren die Eindrücke die sie wahrnehmen aufgrund ihrer Konditionierungen in bestimmte Schubladen.Vollkommen unwillkürlich. Dann holen sie etwas aus dieser Schublade und fügen es dem eigenen Eindruck an. Nun erst suchen sie einen Begriff dafür, mit dem sie das Erfahrene benennen können. Es entsteht also ein Gedanke, der sich aus Worten zusammen setzt. Und zwar in jedem ein anderer und in jedem Land in anderer Sprache. Und doch ist es immer die gleiche Wahrnehmung und immer der gleiche Vorgang.

Es gibt aber auch andere Möglichkeiten zur Wahrnehmung. Ein Klang oder eine Berührung muss nicht mit dem Kopffilm wahrgenommen werden. Man kann ihn auch über sein Gefühl in seine Schubladen sortieren und auch dort die Reaktion herausholen.

Nur – wir haben keinen Einfluss darauf! Dieser Prozess läuft immer unwillkürlich ab.

Wichtig an dieser Erkenntnis ist nur, dass wir akzeptieren, dass Denken nicht mit Worten stattfinden muss. Dass ein ungebildeter Mensch z.B. poetisch denken kann, obwohl ihm die Worte dafür fehlen. Gehörlosen, stummen Menschen, die womöglich auch noch blind sind, und deshalb nie ein Wort gehört oder gesehen haben, kann man keineswegs die Qualität des Denkens absprechen!

Worauf aber will ich überhaupt hinaus?

Es geht mir um die Bedeutung, die wir der Sprache geben. Diese wird oft überwertet. Viele Menschen glauben Worten mehr als allen anderen Wahrnehmungen. Wenn z.B. etwas in der Zeitung steht, dann ist es wahr. Oder wenn der Arzt eine Diagnose stellt. Schön formulierten Liebeserklärungen wird mehr Glauben geschenkt, obwohl sie oft die größten Lügen sind.

Seit ein paar Wochen experimentiere ich in meinen Texten ein bisschen mit der Sprache.
Ich mache nichts anderes, als die Zeilenumbrüche anders zu setzen, als sie im ursprünglichen Text sinngemäß angesetzt waren. Und siehe da. Die Texte bekommen oft eine ganz andere Bedeutung für die Leser. Oder tritt Verwirrung auf, ist ein Innehalten, Zurückgehen notwendig, um die an sich fließenden Texte auch wirklich fließend zu verstehen.

Ich finde das sehr spannend und vor allem als hilfreichen Denkanstoß zum Durchschauen von Missverständnissen in verbaler Kommunikation. Und ich bedanke mich herzlich dafür, dass ihr dem auch einiges abgewinnen konntet und hoffentlich noch weiter könnt. Denn noch bin ich weiter am experimentieren.

© evelyne w.

 

am tag danach

 
und wieder kam die nacht
die scherben brachte

scherben der unmenschlichkeit
des hohns
und grausamen zynismus

der tag danach führt
an jeder hand ein kind
kahlgeschoren und in lumpen

taumeln sie durch jene mengen
die tanzend ihre zukunft
als aschenhaufen hinterlassen

wirst du sie töten?

nein, schreist du
und doch wehrst du
dem halali nicht

das geblasen wird
an jedem morgen
wo du die augen senkst

um dich immun zu machen
im virtuellen schulterschluss
mit blinden und gehörlosen

© evelyne w.

 

in der gnade der geburt

75 jahre reichskristallnacht …

 

an solchen tagen
werde ich ganz klein
aus scham und angst

fünfundsiebzig jahre
legen sich auf meine haut
auf meinen rücken

der sich krümmt
unter der last
gemeinsamer verantwortung

für das was sich
nicht wiederholen
DARF

was tun
mit diesem erbe
von dem ich weiß

dass es den menschen
innewohnt
damals sowie heute

lasst uns
die namen nennen
für das kleid
in dem das totschweigen
sich präsentiert

sei es aus eitelkeit
oder aus abgestumpfter
sattheit

und dann nehmt meine hand
die euch den weg
zur liebe weist …

an solchen tagen
werde ich ganz klein
aus demut

über mein leben in der
gnade der geburt

© evelyne w.

 

lesung flossenbuerg