Mir alles geben
Und dann
Mich
Dir geben
Nicht
Dir alles geben
Und dann
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Neben dir stehen
Mir alles geben
Und dann
Mich
Dir geben
Nicht
Dir alles geben
Und dann
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Neben dir stehen
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Zu wissen
Was du willst
Statt
Dich vor dem
Zu schützen
Was du nicht willst
Die Kinder waren wieder da
»Die Kinder waren wieder da.«
»Welche Kinder?«
»Ich kenne sie nicht. Aber sie hüpften auf dem Bett herum.«
»Waren sie allein?«
»Sie hüpften und warfen mit den Pölstern.«
»Hast du ihnen nicht gesagt, sie sollen aufhören?«
»Nein, es waren doch Kinder.«
»Und du? Was hast du gemacht?«
»Ich setzte mich hin und sah ihnen zu.«
»Waren sie lange hier?«
»Ich weiß nicht …«
»Wann waren sie hier?«
»Ich weiß nicht …«
»Warum hast du nicht die Schwester gerufen?«
»Ich konnte sie doch nicht allein lassen. Es waren doch Kinder.«
»Hat sie jemand abgeholt?«
»Nein.«
»Wo sind sie hingekommen?«
»Ich weiß nicht …«
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich sagte:
Ich kann nicht.
Herr, bitte hilf mir!
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich sagte:
Ich kann nicht.
Herr, warum hilfst du mir nicht?
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich sagte:
Herr, warum willst du mir nicht helfen?
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich sagte:
Herr, warum hörst du mir nicht zu?
Ich kann nicht!
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich sagte:
Herr, warum antwortest du mir nicht?
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich weinte:
Herr, warum lässt du mich so leiden?
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich schluchzte:
Herr, was habe ich getan
dass du mir nicht helfen willst?
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich schrie:
Herr, hörst du nicht?
Ich kann nicht!
Warum hilfst du mir nicht?
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich wurde zornig:
Herr, warum lässt du mich hier liegen und tust nichts?
Er sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich schrie noch lauter:
Ich will es nicht mehr hören!
Da drehte Er sich um und ging.
Ich rief:
Herr, bitte komm zurück.
Lass mich nicht allein.
Er blickte über die Schulter und sagte:
Steh auf, nimm dein Bett und geh!
Ich krümmte mich zusammen
und heulte vor Angst und Schmerz in mich hinein.
Doch Er ging langsam weiter
und drehte sich nicht mehr um.
Voller Zorn stand ich auf
warf mein Bett hinter ihm her und schrie:
Das kannst du doch nicht machen
Du darfst mich nicht allein lassen,
wo ich dich so brauche.
Herr, bitte erkläre es mir doch wenigstens.
Ich kann es nicht verstehen.
Warum hilfst du mir nicht?
Da drehte Er sich um, lachte und sagte:
Na, endlich!
Der Ohrring I.
Gehen ließ sie sich nie. Äußerlich.
Bis vor kurzem duschte sie noch allein und wusch sich selbst die Haare. Täglich.
Schöne Hände hat sie. Immer noch. Wenn ich komme, lackiere ich ihr die Fingernägel. Silber.
Schmuck war immer wichtig. Auch Kleidung. Sind es auch heute noch.
»Wo ist dein Ohrring?«
»Es hat geblutet.«
»Was hast du gemacht?«
»Ich habe nichts gemacht. Es hat geblutet.«
»Ist er kaputt?«
»Ich habe nichts gemacht.«
»Wo ist er? Wenn er kaputt ist, lasse ich ihn reparieren.«
»Sie haben ihn weggenommen.«
»Wer hat ihn weggenommen?«
»Sie stehlen wie die Raben.«
»Da ist er ja. Ich nehme ihn mit.«
»Er gehört mir.«
»Ja, aber er ist kaputt. Ich lasse ihn reparieren.«
»Ich habe nichts gemacht.«
Der Ohrring II.
»Was hast du denn in deinem Ohr?«
Sie grinst glücklich.
»Allen gefällt es.«
»Aber das ist eine Sicherheitsnadel. Die musst du rausgeben. Dein Ohr kann sich entzünden.«
Der Ausdruck ihres Gesichtes wechselt. Wird weinerlich.
»Allen gefällt es.«
»Aber es kann sich entzünden.«
Sie drückt die Handfläche ans Ohr.
»Nächste Woche bekommst du deinen Ohrring wieder. Er ist noch in der Reparatur.«
Noch fester drückt sie die Hand aufs Ohr. Sieht mich nicht an. Um ihren Mund beginnt es zu zucken.
»Und es passt ja auch nicht zu deinem anderen Ohrring.«
Sie erschrickt sichtlich. Und lässt die Hand sinken.
Der Ohrring III.
Ich suche nach Ohrclipsen. Überall wo ich hinkomme. Suche ich nach Ohrclipsen. Es ist nicht leicht, welche zu finden. Sie sind nicht mehr modern.
Seit der Verletzung an ihrem Ohr kann sie keine Ohrringe mehr tragen. Das Loch hatte sich entzündet und im Zuge der Heilung ist es zugewachsen.
Letztes Mal habe ich ihr Kreolen mitgebracht. Sie liebt Kreolen. Und endlich habe ich welche bekommen.
Heute drückt sie sofort die Hände an beide Ohren, als sie mich sieht.
»Was ist passiert?«, frage ich.
Ihr Blick ist unstet.
»Lass mich schauen!«
Sie schüttelt stumm den Kopf.
»Blutest du wieder?«, frage ich.
»Allen gefällt es«, antwortet sie ängstlich grinsend.
Ich nehme vorsichtig eine ihrer Hände. Der Schreck in ihrem Blick erschreckt auch mich.
»Allen gefällt es«, wiederholt sie.
Ich lächle sie erleichtert an.
»Auch mir gefällt es«, bestätige ich nickend.
In die Kreolen hat sie Sicherheitsnadeln gehängt. In beide.
Ich muss sie einfach küssen.
Der Besuch III.
Die Freude fühlt sich warm an. Meine. Und auch ihre.
»Hier ist es so schön«, sagt sie. »Jedem gefällt es. Alle sagen, bei mir ist es am schönsten.«
»Es ist auch wirklich schön hier«, bestätige ich. »Von wem hast du die Puppe bekommen?«
»Die gehört mir.«
»Ja, aber von wem hast du sie bekommen? Die ist wirklich hübsch.«
Ihre Augen werden unruhig. Sie bringt ihr Gesicht ganz nahe an die Puppe. Ihr Oberkörper schaukelt von links nach rechts.
»Ich … ich …«. Sie greift nach der Puppe. »Da hast du sie«, stößt sie dann heraus.
»Nein, lass nur, es ist deine Puppe.«
»Aber … wenn … ich … du …«
Ich umarme sie. »Lass nur, ich habe keinen Platz für sie. Bei dir hat sie es schön.«
Sie strahlt.
»Es ist so schön. Jedem gefällt es bei mir.«
Ich küsse sie auf die Schläfe. Sie ist so klein geworden.
»Ich schaue dir nach«, sagt sie an der Tür. »Solange ich dich sehe.«
Ich drehe mich um. Sie winkt.
Ich drehe mich noch einmal um. Ihre Augen sind zusammengezogen.
»Sie ist weg«, höre ich sie murmeln. »Sie ist weg.« Ihr Gesicht bekommt einen leeren Ausdruck.
Ich gehe zurück. Will sie noch einmal küssen.
Ihr Gesicht leuchtet erfreut auf.
»Wie schön«, sagt sie. »Ich habe schon so lange auf dich gewartet. Ich habe gedacht, du kommst nicht mehr.«
Vom Verstehen
Am Anfang stand die Ungeduld.
Alle waren ungeduldig mit ihr. Auch ich.
Da weinte sie. Viel. Und auch ich.
Dann kam der Tag. Ich verstand das Verstehen.
Wenn sie mich nicht versteht, dann verstehe auch ich sie nicht.
Könnte ich sie verstehen, würde ich nichts von ihr fordern.
Der Augenblick wäre Geschenk. Für sie. Und auch für mich.
Warum verlangte ich es dann von ihr?
Verstehe ICH denn nicht?
Doch! Seither schon …
Die Flucht hat ein Ende
Immer war sie auf der Flucht. Vor den Prügeln ihres Stiefvaters. Vor dem Leben. Vor dem Muttersein.
In die Krankheit.
Immer floh sie in ihre eigene Welt. Ohne Partner. Ohne Kinder.
Mit Hilfe der Ärzte.
Wohlbefinden gestand sie sich nie zu. Die Krankheit schützte sie vor Verantwortung.
Die Abhängigkeit gab Struktur. Bot Halt.
Jetzt ist sie glücklich. Alles geschieht von selbst. Nichts wird von ihr verlangt.
Auf dem Balkon hat sie ein ruhiges Plätzchen. Erstmals in ihrem Leben hat sie keine Angst.
Auch ihre Suche hat ein Ende. Und ihre Flucht. Endlich ist sie angelangt.