V.
Oft bekomme ich als Argument gesagt, Angst sei lebensnotwendig, Angst beschützt.
Aber meine Meinung ist anders. Angst schützt nicht!
Umsicht schützt, Vorsicht schützt, auch Rücksicht, aber Angst nicht.
Angst vor dem Tod hat noch niemanden lebendig gehalten. Angst vor Krankheiten hat niemanden davor bewahrt, Angst vor Kriegen, vor Überfällen, vor Hundebissen, vor Lebensmittelvergiftungen, usw. kann nicht vor diesen Ereignissen oder deren Folgen schützen!
Im Gegenteil, Angst fördert in persönlichen Bereichen den Eintritt von Ereignissen, vor denen wir uns ängstigen! Oft wird erst sie zur wirklichen Gefahr, weil sie Menschen in Panik stürzt und dadurch jede Vorsicht und intuitive Abwehr untergräbt.
Menschen, die Angst vor Hunden haben, werden viel öfter von ihnen gebissen als jene, die keine Angst vor ihnen haben. Menschen, die Angst vor Krankheiten haben, werden ungleich öfter krank, als jene, die keine Angst davor haben.
Das ist nicht von mir! Das sind Entwicklungen, die jederzeit belegbar sind.
Nur, will sich diesen Ergebnissen viel zu selten jemand zuwenden.
Weil sie die Selbstverantwortlichkeit in den Vordergrund rücken würden.
Und daran sind leider viel zu wenige Menschen interessiert.
Warum das Interesse daran so gering ist, das liegt an den dynamischen Abläufen zwischen Ur-Angst und Triebverhalten.
Wie ich schon schrieb – der Mensch ist ein Herdenwesen, dem aber verhängnisvollerweise sein nicht selbstverständliches Einssein mit der Herde bewusst ist. Seine (Ur)Angst ist deshalb unermesslich. Und sein Triebverhalten drängt in die Herde. Seine Individualität wird dadurch an zweite Stelle gerückt. Und gehört dort aber nicht hin. Weil der Mensch für sich selbst von allergrößter Wichtigkeit ist. Weil es ohne ihn für ihn selbst nichts gibt.
Es beginnt ein Kreislauf, der in einen Kreis der Angst mündet.
Leider wird diese Ambivalenz zusätzlich von Anderen ausgenützt …
Wenn wir unsere Persönlichkeit schützen wollen, dann müssen wir uns auch wirklich unserer Persönlichkeit zuwenden! Menschen sind meines Wissens die einzigen Herdenwesen, die Mitgliedern ihrer Herde wissentlich Schaden zufügen. Wobei für mich das Unterbewusste auch immer zum Bewusstsein gehört, weil diese nur miteinander menschliches Bewusstsein ergeben.
Zum Unterschied von intuitiven (ebenfalls unbewussten) Handlungen anderer Herdenwesen, die ihren Sinn aber in der Herde finden und nicht in der Persönlichkeit!
Nur der Mensch trägt diese Ambivalenz in sich. Sinn für sich nur in seiner Individualität zu finden, aber auch zu wissen, Sinn für die Herde nur in der Gemeinschaft zu ergeben.
Nun steht der Mensch also vor der fatalen Aufgabe, sich in so manchen Bereichen vor seiner Herde schützen zu müssen, in der er eigentlich Schutz finden sollte. Selbstverständlich steigert dies seine Ur-Angst im Unbewussten noch immer weiter.
Die Bewusstmachung dieser Vorgänge und die Hinwendung zum Einsatz seiner persönlichen Fähigkeiten für sich und in weiterer Folge dann erst für die Herde, ist der einzige Schutz, den sich der Mensch geben kann.
Das Wesentliche daran ist, dass der Mensch auch für die Herde arbeiten muss, weil er ja ein untrennbarer Bestandteil ist und deshalb auf diese Art an dem beteiligt ist, was aus der Herde auf ihn zurückkommt.
Und am besten kann er dies, indem er seine Indivualität stärkt und sie für positive Prozesse, sich selbst, aber auch unbedingt die Herde betreffend, einsetzt. Sich auf diese Weise in die Gemeinschaft einbringt. Logischerweise ist es dafür jedoch notwendig, diese Strukturen zu erkennen.
Stellt er sich in einem der beiden Bereiche dagegen, schadet er sich in jedem Fall selbst. Und dann muss er sogar Angst vor sich selber haben.
Und die Angst vor sich selbst ist leider eine der am weitesten verbreiteten Ängste.
Aber dazu in einem späteren Kapitel …
© evelyne w.
Fortsetzung folgt