Theaterleben
Sie lebte auf einer Bühne. Spielte ein Stück. Das niemand verstand.
Ich brauchte Jahre. Es zu verstehen. Jahrzehnte.
Nach vorne strahlend. Immer freundlich. Perfekte Mutter. Geliebte Frau. Schönes Heim.
In den Kulissen wartete die Depression. Band ihr die Arme. Auf den Rücken.
Der Text kam aus dem Souffleurkasten. Für die Mutter. Für die Frau.
Auf dem Schnürboden hing schon das Vergessen. Auch das Vergessensein.
Der Vorhang wurde immer schwerer. Und doch. Tägliches Öffnen. Vor dem falschen Publikum.
Kein Applaus von mir. Nur von der Claque. Die in der ersten Reihe saß. Und von den Regisseuren in den weißen Mänteln.
Das neue Stück hieß Mitleid. Mit allem. Mit jedem. Nur nicht mit mir.
In den Pausen. Suche nach Botschaften. Von Hiob. Von Allen. Von Jedem. Nur nicht von mir.
Der Dialog wurde gestrichen. Der Monolog wurde geweint.
Das letzte Stück:
Perfekte Mutter. Noch immer. Das Spiel: Viele Besuche. Das gibt Applaus. Von ihr. Für sie.
Und in der Pause. Ein Eis. Von mir. Für sie.