wortreise

 
ohne dich
sind worte heimatlos

kochen in wortsuppen
denen die würze fehlt

wiederkäuen sätze
zu einem brei
aus einerlei

und doch
schicke ich täglich
meine immer gleichen
zu dir

weil ich nur so
bei dir sein kann

 

© evelyne w.

 

 

maria unter dem kreuz

 
wo gingst du hin
sohn des herrn
geboren mir
aus unbeflecktem schoß

doch übersät
vom schandmal
unseligen menschentums

vertränt hebt sich
der weg des schmerzes
aus dem auge

die schmach
grinst hämisch
mit dem schlangenkopf

es gibt
nur eine hoffnung:

auferstehung
in deinem unbeflecktem geist

 

© evelyne w.

 

 

kreuzweg

 
ich will dein kreuz
mit dir tragen
ich will nicht johlend
an deinem weg stehen

auch wenn es angst ist
die den schulterschluss
zur menge sucht

und auch die scham
soll nicht mein auge
zu boden drücken

denn nur der mut der liebe
wird uns retten
vor dem untergang
in das nirvana
der feigheit und verleugnung

 

© evelyne w.

lintschi liest

 

 

wortflug

 
ich höre sie
all die worte
die du jetzt
nicht sagst

ich sehe sie

aufsteigen wie störche
mit schwerem flügelschlag
beginnen
um in den höhen
elegant zu gleiten

in ihrem nest
brüten und füttern
um großzuziehen
gedichte deines lebens

 

© evelyne w.

 

 

von der zärtlichkeit

 
wie leben
deine zärtlichkeiten froh
zu finden ihren hafen
in jeder dunkelheit
in jedem noch so
blicktrübenden nebel

wie freuen sie sich über
das glitzern an den ufern
der liebkosung
das zurückrollen der wellen
an den quell der sie ernährt

sie tanzen
mit sachtem schritt
ihren reigen
von dir zu mir
von mir zu dir
und tragen uns
in die weite unserer tage

 

© evelyne w.