an manchen tagen
denke ich
wo ist die lyrik hingekommen?
gut, poesie
macht sie noch lang nicht aus
ist ein ganz anderes genre
doch warum muss
lyrik modern so schwer
an unserer zeit nagen
an ihr leiden?
ja, unsere zeit
die gibt was her
und dennoch ist sie doch
genau so gut
oder so schlecht
wie alle zeiten
vor ihr
und ist ein lyriker
wirklich dazu berufen
sich zu mokieren
über andrer leute taten
ein aufdecker
ein schmutzaufrührer
ein journalist
der mit verstümmelt‘
sätzen spricht
oder ein exhibitionist
der seinen seelenschlamm
nicht bei sich elbst
zu halten schafft
soll nicht die lyrik
vielmehr sein
ventil für sinnlichkeit
auch wenn in dunklen
tönen melancholie
und schauder
zum erklingen kommen
sogar für politik
wurde in früheren
gedichten wortgespinst
verwendet
heut ists der harte
schlag der oft geführt wird
mit einer silbenkeule
ohne melodie
der intellektuelle schein
überdröhnt stille gassen
in deren nischen
sich die emotion versteckt
vor den konstrukten
thesaurierter wortgewalt
wo sind die stirnen
hinter denen
gedichte ihre heimat fanden
in jenen tagen
wo sich ein versmaß
mit gefühlen paarte
um unseren geist
zu nähren
nicht abzustoßen ihn
von literatur und mensch
© evelyne w.