vom rand des angsttellers
auf dem das virus uns serviert
fallen in dicken tropfen
armut
gewalt
einsamkeit
krankheit und
tod
die hand
mit der wir all das
vom tisch fegen
bleibt
als der wahre
seuchenherd
vom rand des angsttellers
auf dem das virus uns serviert
fallen in dicken tropfen
armut
gewalt
einsamkeit
krankheit und
tod
die hand
mit der wir all das
vom tisch fegen
bleibt
als der wahre
seuchenherd
normalität.
was ist schon normalität.
meine normalität
ist seit vielen jahren
getragen von ruhe
– auch stille
liebevoller verbundenheit
– auch im alleinsein
ich genieße mein zuhause
in dem mein mitbewohner frieden heißt
wo aus dieser zweisamkeit
gedanken und gefühle wachsen
die mich und andere wärmen
der blick aus dem fenster
zeigt mir natur
im kleid der jahreszeiten.
auch im jetzt
hat sich mein leben nicht verändert
und doch …
trete ich aus dem haus. ist die normalität eine andere. als früher. chaos. sorgen. existenzangst. wachsen aus dem boden der gesellschaft. hinter masken. verbreitet sich der argwohn. berührungslosigkeit. vollzieht trennungen. aggression. stürmt um die ecken. verbeißt sich in die kehlen der kritik. blutleer liegt der mut auf den straßen. die henker der wahrheit übernehmen das kommando. trampeln die rufer der menschlichkeit nieder.
ich fühle mich
als würde ich auf dem zauberberg leben
stehe fassungslos an seinem fuß
und schreie in die welt
WAS
bitte WAS
ist diese normalität?
der tag neigt sich. unter seiner last. er schleppt die bürde seines zorns. zynismus wirft geröll auf seinen weg. müdigkeit torkelt durch seine adern. er starrt auf seine leeren hände. brot schimmelt in verschlossenen truhen. wasser verfault in geschliffenen karaffen. dagobert duck badet in seinem münzensee. voyeure des todes schaufeln gräber. bedienen die geilheit schau-lustiger. kein platz für nackte überlebende.
erst wenn auch sie zu zahlentoten werden.
© evelyne w.
lasst uns gehen
wohin wir wollen
dann kommen wir
auch gerne wieder
nur in der enge
des gefängnisses
sieht die freiheit
wie ein vogel aus
ist der mensch frei
sucht wände er
zum anlehnen
und türen
die er schließen kann
ein vogelhaus
ist kein nest
© evelyne w.
und wieder kam die nacht
die scherben brachte
scherben der unmenschlichkeit
des hohns
und grausamen zynismus
der tag danach führt
an jeder hand ein kind
kahlgeschoren und in lumpen
taumeln sie durch jene mengen
die tanzend ihre zukunft
als aschenhaufen hinterlassen
wirst du sie töten?
nein, schreist du
und doch wehrst du
dem halali nicht
das geblasen wird
an jedem morgen
wo du die augen senkst
um dich immun zu machen
im virtuellen schulterschluss
mit blinden und gehörlosen
© evelyne w.
75 jahre reichskristallnacht …
an solchen tagen
werde ich ganz klein
aus scham und angst
fünfundsiebzig jahre
legen sich auf meine haut
auf meinen rücken
der sich krümmt
unter der last
gemeinsamer verantwortung
für das was sich
nicht wiederholen
DARF
was tun
mit diesem erbe
von dem ich weiß
dass es den menschen
innewohnt
damals sowie heute
lasst uns
die namen nennen
für das kleid
in dem das totschweigen
sich präsentiert
sei es aus eitelkeit
oder aus abgestumpfter
sattheit
und dann nehmt meine hand
die euch den weg
zur liebe weist …
an solchen tagen
werde ich ganz klein
aus demut
über mein leben in der
gnade der geburt
© evelyne w.
ihre lippen feuert sie
in hochgeglänzte nächte
kann doch das neonblaue
flackern ihrer blicke
nicht kaschieren
mit dürren fingern
greift sie nach gemeinschaft
in zerrissenen hosen
und erhöhtem schuhwerk
die kleinheit
ihres wertes
tippt schrille schreie
in die mutierte hand
© evelyne w.
als wir die schönheit
kaufen wollten
fiel sie zu staub
ihr wert verlor sich
in den brieftaschen
der modellierer
als wir die liebe
kaufen wollten
wuchs sie zum moloch
einer industrie
den wir uns nicht mehr
leisten konnten
als wir den frieden
kaufen wollten
zahlten wir raten
an die inflation
zum ausverkauf
der welt
© evelyne w.
und wirst du wieder kommen
auch wenn der tag sich heut
aus deinem blut erhebt
werd ich dich finden
an den orten die du gibst
wo ich die freiheit in mir trage
die du mir heute blutest
zu deinem kreuze will ich kriechen
wo mit dem schweiße deines daseins
du den staub so tränkst
dass aus ihm blumen treiben
die tief aus mir
mich aufrichten
und sich die tage dann
aus deiner liebe falten
© evelyne w.