Flossenbürg 2011 – VII. Die Ausstellung

In der ehemaligen Wäscherei, einem der weißen Gebäude, die den Appellplatz begrenzen, wurde eine Dauerausstellung eingerichtet: „Das Konzentrationslager Flossenbürg 1938 – 1945“.

flossenbuerg

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Die Ausstellung ist strukturiert und widmet sich einesteils der geschichtlichen Entwicklung des Lagers, von der Gründung bis zur Befreiung. Der zweite Teil ist den Häftlingen gewidmet.

Es fällt schwer, in diesem thematischen Zusammenhang von einer „gelungenen“ Ausstellung zu sprechen. Und doch möchte ich es tun.

Die Darstellung des historischen Hintergrunds lässt einen eher fassungslos vor der Entwicklung stehen. Und doch – sofort musste ich daran denken, wie sorglos so viele Menschen auch der gegenwärtigen Entwicklung gegenüberstehen. Dass auch heute Fremdenhass und Ausbeutung vornehmlich fremder Menschengruppen einen Schulterschluss erzeugen, vor dem vielleicht in 50-60 Jahren unsere Nachfahren ebenso fassungslos stehen werden.

Doch den Teil der Ausstellung, der den Häftlingen gewidmet ist, möchte ich, trotz der großen emotionalen Belastung, die er in mir auslöste, in seiner anrührenden, sensiblen Zusammenstellung besonders anerkennend erwähnen.
Ich möchte hier nicht noch einmal einen Bericht beginnen, aber sehr gerne auf die von Häftlingen in Flossenbürg gemalten Bilder verlinken. Mein Mann ist Maler und in unserem Umfeld wird deshalb immer wieder über Kunst diskutiert, die ja bekanntlich ein weites Feld ist und meistens im Auge des Betrachters liegt. Aber die selbstüberschätzende Anmaßung so mancher Kritzler oder Schmierer, die ihre Werke für teures Geld anbieten, bekommt hier eine echte Dimension vorgesetzt:

Ausstellung »ERINNERUNG« – Virtueller Ausstellungskatalog der Arbeitsgemeinschaft ehemaliges KZ Flossenbürg e.V.

Diese virtuelle Ausstellung ist ein Internet-Projekt und kein Bestandteil der Ausstellung in der Gedenkstätte. Hier sind auch viele Bilder enthalten, die erst nach der Gefangenschaft gemalt wurden.
Doch es gibt auch Bilder, die vor Ort unter lebensgefährlichen Bedingungen entstanden sind. Auf Papierfetzchen, mit einem verbotenen Bleistift, z.B. oder in Holz geritzt …
Diese Bilder haben mich wohl am meisten berührt von allem, was ich dort gesehen habe.
Ich bin jemand, der für die Übertragung von Gefühl zu Gefühl (ohne Umweg über das Hirn) nur 3 Möglichkeiten sieht: Musik, Lyrik und gemalte oder gezeichnete Bilder. In diese Werke wird Gefühl direkt eingebracht und steigt deshalb als solches über die Sinne auf.

Auch ich konnte meinen Gesamteindruck nur in einem Prosalyriktext ausdrücken.

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Darüber nachdenken und zu einem Text verarbeiten konnte ich das alles erst jetzt, einige Wochen später …

Ich danke jedem einzelnen meiner Leser, der mir gefolgt ist und wünsche uns allen, dass wir aus dieser Vergangenheit so viel lernen können, dass wir in eine liebevolle, menschenwürdige Zukunft gehen können.

<<< Teil I – Ankunft
<<< Teil II – Der Appellplatz
<<< Teil III – Gedenkstätten
<<< Teil IV – Die Kapelle
<<< Teil V – Das Tal des Todes
<<< Teil VI – Ende des Rundgangs

Besonderer Dank geht an die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg für die Bereitstellung der Fotos von der Ausstellung.

8 Gedanken zu „Flossenbürg 2011 – VII. Die Ausstellung“

  1. Gänsehaut rauf, Gänsehaut runter und doch hast Du es ausgewogen.
    Vielen Dank für die einfühlsame Berichterstattung bzw. für den Weg, den Du gegangen bist und uns daran teilhaben lässt.
    Ja, es ist eine ganz besondere Ausstellung und natürlich berührt sie einem, dass die Tränen nicht ganz ausbleiben und doch wiegst Du es mit Deiner im Herzen wohnenden Liebe auf.
    Du bist schon ein ganz besonderer Mensch Lintschi.
    Liebe Grüße
    und nochmals vielen Dank
    Fini

  2. Es ist wirklich beeindruckend wie Du uns hier alles Dokumentierst und es läßt uns nachdenken damit wir eine bessere Zeit anstreben können aber es müssen auch alle Kulturen und Religionen mitmachen.
    LG Heidi

  3. danke heidi für deine begleitung!
    es ist halt leider so, dass wir die kulturen und religionen nicht vergattern können mitzumachen.
    aber gerade deshalb ist es wichtig, bei uns selbst zu beginnen. da können wir etwas tun und nur so können wir auch die gesellschaft verändern.

    lg lintschi

  4. Komme selbst aus der Gegend und musste nun aufgrund meines Studiums eine Ausstellung besuchen und diese dokumentieren.Habe die Dauererausstellung der Gedenkstätte ausgewählt.
    Diese Gefühle,die genannt werden,hatte ich beim Lesen ständig.Erinnerten sie mich doch an meinen Besuch vor kurzem.Da ich die Ausstellung allein besucht hatte,war das alles ganz nah an mir und ich konnte mir in diesem Augenblick selbst nicht helfen.Doch ich wollte,wie Sie, es schaffen und schritt mutig voran.Doch mein Fehler war,dass ich das Waschhaus und die leeren Räume betreten habe.Ab diesem Zeitpunkt fühlte ich eine Panik,die mich aus dem Gebäude „flüchten“ ließ.Dieses Zittern war mir bis dato noch völlig fremd,aber so hat es mich eine Woche lang begleitet,im Traum,in Erinnerung an den Besuch oder bei der Ausarbeitung meines Textes.

    Der Dank gilt Ihnen,Sie,die die Wahrnehmung in solch Worten niedergeschrieben haben.Danke!

    1. liebe lisa,

      das gehört zu den schönsten rückmeldungen, die ich bekommen habe! ich danke ihnen!
      wie ich in meinem bericht schreibe – wenn ich EINEM damit weiterhelfen kann, dann habe ich etwas erreicht! und bei ihnen scheint das wirklich geholfen zu haben!
      sie werden sehen, dass sie in ihrem weiteren leben davon profitieren werden, dass sie sich diesem gefühl ausgesetzt haben, es nicht verdrängt haben, mit offenen augen mutig nachgespürt haben.
      und einen weg gesucht haben, wie man solchen schweren situationen entgegenwirken kann. dass das nicht von jetzt auf jetzt geht, ist klar. aber ihre zukunft wird es ihnen danken! und diese menschen werden ihnen dabei geholfen haben. und das gibt ihrem leiden sinn …

      und ich danke ihnen jetzt. noch einmal.
      alles liebe für sie!

  5. Liebe Evelyne,

    ich habe gerade ganz versunken alle Teile gelesen, habe beim Tal des Todes ein paar Tränen gelassen und bin nun am Ende angekommen.
    Mir gefällt deine Sicht sehr, die ich mit dir teile.

    Danke.

    Liebe Grüße,
    Martina

    1. liebe martina,

      wie sagt man so neudeutsch:
      you made my day!

      ich danke dir sehr, dass du „durchgehalten“ hast und bin sehr froh darüber, dass du mit mir einer meinung bist.

      wie ich schon sagte – das gibt dem leiden dieser menschen sinn, aber auch dem hinausgehen mit meinen gefühlen …

      herzlichen dank
      und ein wunderschönes wochenende dir!
      lintschi

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