ich lege tage
auf deinen mund
die du mir
in die nächte küsst
evelyne w.
ich lege tage
auf deinen mund
die du mir
in die nächte küsst
evelyne w.
der september
küsst mein leben
golden
leuchtet dein wort
durch das rot an den zweigen
meiner lust
die trauben
gaukeln süße
in meine augen
silbern
schimmert der horizont
hinter den rebstöcken
der liebe
das laub
raschelt leise
im winde meiner sehnsucht
und die astern
glühen
auf die wege
durch den garten
der erinnerung
© evelyne w.
am zenit die sonne. hitze schwillt. die glut ihrer berührung treibt den schweiß in die lenden lechzender hänge. sucht seinen weg in den schoß des lebens. steigt auf als edler tropfen an der frucht die uns berauscht. unter dem schritt der lust dampft der boden sich zu schwüle. heißer atem umweht die schläfe des flüsternden sees.
© evelyne w.
am rand der nacht reibe ich mein fell. blank
lege ich meinen blick in den schoß des mondes. stille
umsäumt deinen ruf. mein schrei
ist kein klagen. an deinen fängen
glänzt neues leben
Variation:
am rand der nacht
reibe ich mein fell
blank
lege ich meinen blick
in den schoß des mondes
stille umsäumt deinen ruf
mein schrei
ist kein klagen
an deinen fängen
glänzt neues leben
© evelyne w.
ein wildes treiben zwischen den zeilen glanztriefenden weines. der salbei drängt sich mit violettem strahl an der kamille zarten leib. die malve schmiedet ihre ränke über das taumeln des weißen klees. es wogt der busen aufgeschossener jugend unter dem schwülen fordern ungestümer luft. benässt und trunken bettet die dunkle flur sich unter das feuchte spiel.
© evelyne w.

grau wälzt der himmel sich über der hänge trockene münder. öffnet ein wolkenband. tropft feuchte küsse auf die hälse wogender sehnsucht. trommelt sein nass an die hüften junger rieden. und dann der sturm. er peitscht die triebe. biegt ihre schlanken arme tief zu boden. doch stark sind ihre rücken. nach dem erguss bäumen sie sich empor. zu süßen ihre säfte.
© evelyne w.
dann ist hier dieser tag. der aus der nacht steigt wie venus nach dem bade. rosige wangen in den horizont legt. und grünwallend sein haar im winde flattern lässt. der blick den langsam er erhebt erglänzt am wimpernkranz des sees. vor seiner scham kein feigen-blatt. es ist der wein in diesem paradies. der seine nacktheit ziert.
© evelyne w.
und ich tauche in die tage. aus denen sich der frühling windet. in krokusgelb und fliederweiß. und aus den rieden treibt der kleine rausch des anfangs. reibt sich an kirschenmündern rot und färbt mein blut. das schäumend durch die adern brandet. um sich zu stürzen in das spiegelblau des sees. der diese heimat mir zur wollust flutet.
© evelyne w.
Schürzenkinder
Als ich ein Kind war …
trugen wir Schürzen.
Die Kleider mussten geschont werden. Manche hatten nur eines.
Ich trug Kleiderschürzen mit Rüschen an den Armen.
Andere trugen Latzschürzen mit großen Schleifen auf dem Rücken.
Alle Mädchen fanden sie lästig
und freuten sich, wenn es ihnen gelang,
einmal ohne Schürze zu entwischen.
© evelyne w.

Memory in miniatures
Bei der geistigen Vorbereitung einer Lesung bin ich auf eine weitere Facette gestoßen. Es gibt in diesem Hörerkreis Menschen in unterschiedlichen Stadien der Demenz.
Man darf also nicht alle auf das fortgeschrittenste Stadium reduzieren. Es muss auch für die anderen etwas angeboten werden.
Die weiter fortgeschrittenen Personen werden dabei einerseits einfach als Anwesende integriert. Können aber vielleicht sogar ebenfalls noch mit dem Vortrag, oder einzelnen Erinnerungsworten angesprochen werden.
Deshalb werde ich meine Dementia-Poetry-Serie um eine Sparte erweitern:
Die Memory-Miniaturen = MemMinis.
Es handelt sich dabei um kurze einfache Prosatexte, die sich mit Erinnerungen aus längerfristig zurückliegenden Situationen beschäftigen.
Um den Bogen besser vom Vortragenden zum Hörer schaffen zu können, wähle ich als perspektivischen Eingangssatz:
„Als ich ein Kind war …“